Gasunfall in St. Pölten: Viele offene Fragen

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Gasunfall Poelten Viele offene(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Stromleitungen brannten ein Gasrohr durch - dieser Umstand führte zu der schweren Explosion, die am Donnerstag in St. Pölten fünf Tote forderte. Warum es zu dem Kurzschluss kam, ist weiter völlig unklar.

Nach der verheerenden Gasexplosion am Spratzerner Kirchenweg in St. Pölten, die vergangenen Donnerstag fünf Menschen das Leben gekostet hat, sind noch viele Fragen offen.

Nach aktuellem Ermittlungsstand hatte ein Kurzschluss in einer das Gasrohr kreuzenden Stromleitung unter dem Gehsteig ein fünf bis zehn Zentimeter großes Leck verursacht, aus dem stundenlang Gas ausströmte. Ob die Leitungen zu knapp nebeneinanderlagen, wodurch der Kurzschluss ausgelöst wurde und wie das Gas in das Haus kam, muss nun von Gutachtern geklärt werden.

Neben den bereits bestellten Expertisen von einem Brand- und einem elektrotechnischen Sachverständigen wurde Montagvormittag seitens der Staatsanwaltschaft St. Pölten - wie am Wochenende angekündigt - auch ein geologisches Gutachten bestellt, das die Durchlässigkeit des Materials bzw. die Frage, wie das Gas ins Haus kam, klären soll. Die Erhebungen an der Unglücksstelle dauern daher weiterhin an, teilte Karl Fischer von der Anklagebehörde am Montag mit.

Neue Erkenntnisse gebe es bisher nicht. Das LKA (Landeskriminalamt) sei weiterhin mit Zeugenbefragungen und Urkundenbeschaffungen betraut, Leitungen und Gasverbrauchergeräte im Haus würden untersucht. Ob man im Nachhinein auch feststellen werde können, was den für die Explosion entscheidenden Funken auslöste, oder ob man diesen zumindest einem Raum zuordnen werde können, sei noch unklar.

Auch für die EVN sind "noch einige Fragen offen". "Die gilt es so rasch wie möglich zu klären", sagte Sprecher Stefan Zach. Derzeit werde mit einer eigenen, "unabhängigen Expertenkommission" alles Relevante erhoben und an die Staatsanwaltschaft übermittelt.

Leitungen gesetzeskonform kontrolliert

Fest steht lediglich, dass beide Leitungen vor rund 20 Jahren, aber nicht gleichzeitig, verlegt wurden. Nun gelte es zu klären, welche Firmen und Mitarbeiter damals gearbeitet haben und ob alle Vorschriften eingehalten wurden, so Zach. Die letzte Überprüfung der Gasleitung sei 2008 erfolgt - nach den gesetzlich festgesetzten Intervallen.

Ob bei der Verlegung der seinerzeit gültige Mindestabstand zwischen den beiden Leitungen eingehalten wurde, konnte Fischer noch nicht sagen. Er selbst sei aber am Unglücksort gewesen und habe gesehen, dass die Leitungen "ziemlich knapp" nebeneinanderlagen.

Ein Druckabfall in der betroffenen Leitung sei laut Zach nicht registriert worden. Das Ortsnetz in der Gegend habe einen Druck von 22 Millibar - sobald er auf 20 abfalle, gebe es eine Warnung. "Das ist dort aber nicht erfolgt", betonte der EVN-Sprecher. Geklärt werden müsse auch, warum der "extrem unangenehme, stechende Gasgeruch" von niemandem bemerkt wurde.

Abgedrehte haushalte werden wieder versorgt

Während der starken Gewitter zwischen 20 und 22 Uhr habe es im nassen Boden mehrere Stromstörungen gegeben. Die betroffenen Leitungen seien binnen 0,1 Sekunden herausgeschaltet und die Kunden provisorisch über andere Netze versorgt worden. Wo genau die Probleme lagen, konnte man daher nicht sofort lokalisieren, die betroffenen Leitungen seien ja praktisch "tot" gewesen, erklärte Zach. Reparaturarbeiten wurden aber "Zug um Zug" eingeleitet - für Donnerstagvormittag sei bereits eine Grabungsfirma bestellt gewesen.

Bei rund 2000 EVN-Kunden wurde nach der Explosion das Gas abgedreht. Die Versorgung sei aber abgesehen von "ein paar Dutzend Haushalten" mittlerweile wieder aufgenommen worden. Sobald sich von den noch übrigen Kunden jemand melde, werde ein Techniker hingeschickt.

(APA/red.)

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