Der deutsche Theologe Georg Gänswein organisiert den Alltag Benedikts XVI.
ROM (pk). Georg Gänswein ist der Mann an der Seite des Papstes. Jugendlich, sportlich, Ziel mancher Frauenschwärmerei (und ab und zu Empfänger von Liebesbriefen), organisiert er den Alltag. Er sortiert und siebt aus der Brief- und der Zeitungsflut das Wichtige heraus, sieht zu, dass die Audienztermine trotz aller Nachfrage nicht zu zahlreich werden – kurz: er hält dem Papst den Rücken frei, damit dieser in der größtmöglichen Freiheit das tun kann, was er als den Kern seines kirchenleitenden Amtes ansieht.
Vor 51 Jahren in einem 450-Seelen-Nest im Schwarzwald geboren, studierte Gänswein Theologie, promovierte in Kirchenrecht, fühlte sich aber sehr bald stärker in den Vatikan gezogen als in das für ihn vorgesehene Amt eines Freiburger Diözesan-Kirchenjuristen. 1996 wurde er in der Tat Referent und Sekretär Ratzingers in der Glaubenskongregation; 2005 zog er mit seinem frisch zum Papst gewählten Chef in den Apostolischen Palast um.
Dort bilden Monsignore und Papst den Hauptbestandteil einer – laut Gänswein selbst – „frohen internationalen Wohngemeinschaft“: Den Haushalt führen vier italienische Schwestern (ohne Habit) aus der Ordensgemeinschaft „Memores Domini“. Zeitweise wohnt Ratzingers Bruder Georg im Apostolischen Palast; für ihn ist im Zug einer Gesamtrenovierung nach den 26 Amtsjahren Johannes Pauls II. ein Appartement eingerichtet worden.
Intern gilt Gänswein als harter Knochen. Wie Benedikt selbst auf – sehr deutsche – Effizienz bedacht, aber bissiger und herrischer in der Durchsetzung, hat er in der Kurie manche vor den Kopf gestoßen. Geduld und Nachgiebigkeit, sagte er unlängst, seien nicht unbedingt seine Stärken: „Manchmal fahre ich ziemlich nah auf, das kann irritieren.“
Diskretion geht über alles
Sonst betrachtet er Diskretion als oberste Regel.
Und in der Tat: Seit Gänswein das „Appartamento“ organisiert, sitzen selbst langjährige, hauptberufliche italienische Vatikanjournalisten auf dem Trockenen. Die Bächlein der Gerüchte, Anspielungen und gesteuerten Hintergrund-„Informationen“ aus dem weitverzweigten Vatikan sind versiegt. Das Tandem Benedikt-Gänswein läuft perfekt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2007)