Schon 1995 waren der Diözese 33 Einzelfälle von Gewalt und sexuellem Missbrauch bekannt. An die Öffentlichkeit ist man erst 2010 gegangen. "Die Zeit war noch nicht reif", verteidigt sich der Ombudsmann.
Die Diözese Innsbruck hat 15 jahrelang den Mantel des Schweigens über Missbrauchsfälle gebreitet: "Es war bereits 1995 klar, dass es Gewalt und sexuellen Missbrauch gab", sagte Hans Tauscher von der Ombudsstelle der Diözese Innsbruck zur "Tiroler Tageszeitung".
33 Einzelfälle seien seit 1995 kirchenintern bekannt gewesen. Das Wissen darüber, dass sich die Fälle in manchen Institutionen konzentrierten, habe sich aber erst 2010 verdichtet. Dann habe sich die Diözese entschlossen, die Fälle und die Institutionen der Öffentlichkeit zu nennen. "Die Zeit war noch nicht reif dafür. Die Leute wären über uns hergefallen, wenn wir die Einrichtungen bekanntgegeben hätten", sagte Tauscher. Zweimal sei ihm sogar mit einer Verleumdungsklage gedroht worden, nur weil er gesagt habe, dass da ein Verdacht bestehe. "Natürlich sage ich heute, nein, das war nicht in Ordnung, dass man einen Pfarrer einfach irgendwo anders hinversetzt hat."
Täter seien laut Tauscher vor allem Priester gewesen, nur selten Laienmitarbeiter in der Diözese. Vier Priester seien suspendiert beziehungsweise versetzt worden, eine Anklage sei mangels Beweisen fallengelassen worden, ein Priester sei inzwischen verurteilt, ein anderer dagegen sei nach einer Therapie bis heute im Amt.
Diskussion über Zölibat gewünscht
Im Laufe der Jahre habe sich gezeigt, dass sich der sexuelle Missbrauch, die Gewalt und "viele Grenzsituationen", wie Abschiedsküsse, die von den Geküssten nicht gewünscht wurden, in gewissen Institutionen wiederholt hätten, Einzelverfehlungen habe es dagegen nur selten gegeben. Ob sich auch vor 1995 Opfer gemeldet hätten, also vor seiner Amtszeit, lasse sich nicht sagen: "Es gab damals keine eigene Anlaufstelle und ich glaube auch nicht, dass die Menschen damals den Mut gehabt hätten, sich zu outen. Bekannt ist mir aber eine Verurteilung," gab der Ombudsmann an.
Jetzt gehe es vor allem darum, den kirchlichen Institutionen klar zu machen, "dass sie zu ihrer Geschichte stehen müssen, dass die Institutionen mehr kontrolliert werden müssen und dass man über den Zusammenhang von Pflichtzölibat und Distanzbrüchen bzw. Missbrauch diskutiert", sagte Tauscher. Auch wenn Zölibat und Missbrauch nicht in unmittelbarem Zusammenhang stünden, wünsche er sich, dass sich die Kirche beim Zölibat "sehr, sehr weit" vorwage.
(APA)