Der Kirchenstaat verschärft seine Gangart gegen kurze Hosen und ärmellose Kleider: Nun sind sie auch in der vatikanischen Apotheke und der Post verboten. In den Petersdom kommt man ohnedies nur züchtig bekleidet.
Spärlich bekleidete Touristen sind dem Vatikan jeden Sommer ein Ärgernis, und die extrem hohen Temperaturen in diesem Jahr haben alles noch verschlimmert. Nun hat der Kirchenstaat die Kleidungsregeln verschärft. Nicht nur der Petersdom, sondern auch die Apotheke und die Post des Vatikans dürfen nicht mehr mit ärmellosen T-Shirts, kurzen Hosen und Miniröcken betreten werden.
Täglich versuchen Tausende, den Petersdom in Shorts und ärmelloser Bekleidung zu betreten. Vom Aufsichtspersonal des Vatikans werden sie aber hinausgeschickt - nicht immer ohne verbale Auseinandersetzungen. Die Schweizergardisten kontrollieren streng vor der Porta Sant'Anna, der Grenze zwischen Rom und Vatikan, die täglich von tausenden Menschen passiert wird.
Viele Römer kaufen Medikamente in der vatikanischen Apotheke ein, weil die Preise für viele Arzneien billiger sind als in der italienischen Hauptstadt. "Ich habe die ganze Stadt durchquert, jetzt wollen Sie mich zurückschicken?", protestierte eine 70-jährige Frau mit einem langen, aber ärmellosen Blumenkleid. "Mit all den Skandalen in der Kirche, warum muss man wegen ärmellosen Kleidern Probleme machen?"
Riesengeschäft für findige Geschäftsleute Clevere Geschäftsleute haben es verstanden, die Situation zu ihren Gunsten auszunutzen. Sie verkaufen lange Hosen oder Hemden aus Papier für etwa einen Euro. Diese reißen allerdings häufig schon beim Überziehen. Wer sich ohne Risse in die Papierbekleidung schält, hat die Mindestanforderungen der vatikanischen Kleiderordnung erfüllt und kann den Petersdom betreten.
"Man hat uns gesagt, man müsse sich nur an die Bekleidungsvorschriften halten, wenn der Papst anwesend ist", erklärte eine Touristin aus Texas. Viele Urlauber bringen ihre Austauschkleidung auch selbst mit und verwandeln den Petersplatz damit in eine riesige Umkleidefläche - was ebenfalls zu Pfiffen der Ordnungswächter führt.
Der Vatikan ist mehr als nur das Zentrum der römisch-katholischen Kirche: In seinen teils 2000 Jahre alten Gemäuern verbergen sich zahllose Geheimnisse, Überraschungen, Skurrilitäten und Rekorde. Ein Streifzug durch die Wunderwelt Vatikan ... (c) AP (Plinio Lepri) Der Vatikan ist zugleich der kleinste Staat der Welt und das Zentrum der größten religiösen Gruppierung der Welt: der römisch-katholischen Kirche. Während nur 552 Menschen die vatikanische Staatsbürgerschaft innehaben, bekennen sich 1,17 Milliarden Menschen zur katholischen Kirche. (c) AP (Luciano Del Castillo) Der Vatikan ist zwar nicht Mitglied der FIFA, hat aber eine eigene Liga mit 16 Teams und sogar eine Nationalmannschaft, die bis dato ungeschlagen ist. Kein Wunder, spielt sie doch nur gegen andere Zwergstaaten wie San Marino oder Monaco. Die Fußballer im gelb-weißen Trikot sind übrigens keine Profis, sondern Schweizergardisten, päpstliche Räte und Museumswächter. (c) AP (Alessandra Tarantino) Wenn die Schweizer Garde gerade nicht Fußball spielt, dann bewacht sie den Papst. Mit 110 Mann ist sie die kleinste Armee der Welt. Dass sie seit 1506 durchgehend besteht, macht sie auch zur ältesten Streitkraft weltweit. (c) AP (Alessandra Tarantino) Verhaften die Schweizergardisten einen Übeltäter, verfrachten sie ihn ins vatikanische Gefängnis. Das bietet gerade einmal zwei Personen Platz und wird zur Zeit als Lagerraum verwendet. Im Laufe der Jahrhunderte waren nur vier Personen darin eingesperrt - der vorerst letzte war ein Schweizer, der ausgerechnet einen Schweizergardisten beleidigt hat. (c) EPA (Handout) Als souveräner Staat besitzt der Vatikan eine eigene Postverwaltung, die "Poste Vaticane", deren Briefmarken ausschließlich auf eigenem Territorium gültig sind. Das Porto richtet sich nach den entsprechenden Entgelten der italienischen Post. (c) AP Offiziell ist der Vatikan nicht einmal Mitglied der EU, er hat aber einen eigenen Satz Euro-Münzen, der in der Vatikan-eigenen Notenbank geprägt wird. Weil sie nur in geringer Auflage gefertigt werden, erzielen sie bei Sammlern fantastische Preise: Ein Satz Vatikan-Euros mit einem Nominalwert von 3,88 Euro kostet zwischen 75 und 1340 Euro. (c) EPA (Alessandro Di Meo) A propos Geld: Auch im Vatikan stehen Bankomaten. Nur heißen die dort "automatum monetale" und haben eine lateinische Anzeige. (c) EPA (Handout) Gerechnet auf die Einwohnerzahl hat der Vatikan die höchste Kriminalitätsrate der Welt. Das liegt vor allem an den Kleinkriminellen, die Touristen rund um den Petersplatz zum Beispiel die Handtaschen rauben. 90 Prozent der Fälle werden nie aufgeklärt, weil die Täter über die "Staatsgrenze" nach Rom fliehen. (c) AP (Alessandra Tarantino) Der erste Papst war der Apostel Petrus, der den Auftrag dazu der Überlieferung nach von Jesus selbst erhalten haben soll. Gleichzeitig ist der Heilige Petrus mit einer Amtszeit von 34 bis 37 Jahren der längstdienende Papst - das trotz der Christenverfolgung zu seinen Lebzeiten. Er selbst starb in Rom den Märtyrertod. (c) AP (Domenico Stinellis) Über dem mutmaßlichen Grab des Apostels Petrus ließ Kaiser Konstantin den Petersdom errichten. Unter dem Vatikan erstreckt sich ein Labyrinth von Katakomben, in denen die ersten Christen bestattet worden sein sollen, die im nahen Circus des Nero hingerichtet wurden. (c) EPA (Vatican Museum Handout) Der Papst mit der kürzesten Amtszeit ist Johannes Paul I., der Vorgänger von Johannes Paul II. Er starb am 28. September 1978 nach 33 Tagen im Amt offiziell an einem Infarkt. Zahlreiche Verschwörungstheorien ranken sich um seinen Tod - der Mafia oder abgehalfterten Bischöfen wird der angebliche Giftmord zur Last gelegt. (c) AP Über die genaue Zahl der Päpste herrscht Unklarheit - die Angaben schwanken zwischen 265 und 307 Würdenträgern. Das liegt an den zahlreichen Amtsenthebungen und an den Gegenpäpsten. Bei mindestens drei Päpsten ist die Legitimität unklar. Papst Leo VIII. zum Beispiel war bei seiner Wahl zum Papst 963 sogar noch Laie. In aller Eile wurde er zum Bischof geweiht, um das Papstamt antreten zu können, wurde aber nach weniger als einem halben Jahr abserviert. (c) EPA (Danilo Schiavella) Selbst bei den Gegenpäpsten ist man nicht sicher, wie viele es waren - die Zahl schwankt zwischen 25 und 40. Oft lässt sich aus heutiger Sicht nicht mehr klären, wer der rechtmäßige und wer der Gegenpapst war. Nach dem Konzil von Pisa 1409 herrschten kurzzeitig sogar drei Päpste gleichzeitig: der Papst von Rom Gregor XII., der Papst von Pisa Alexander V. und der Papst von Avignon Benedikt XII. Der letzte Gegenpapst soll Felix V. (1439 bis 1449) gewesen sein. (c) EPA (Claudio Peri) Der Legende zufolge soll im Jahr 855 eine Frau den Petrus-Thron bestiegen haben: Die Deutsche Johanna von Ingelheim soll als Johannes Anglicus zum Papst gewählt worden sein. Von einem Kammerdiener geschwängert soll sie ein Kind geboren haben. Je nach Legende soll sie daraufhin von einer aufgebrachten Menge gesteinigt worden, in ein Kloster verwiesen worden oder am Kindbett gestorben sein. Kirchenhistoriker halten die Existenz der Päpstin für pure Fiktion. (c) AP (Alessandra Tarantino) Seit 1984 ist der Vatikan als Weltkulturerbe anerkannt - er ist damit der einzige Staat der Welt, dessen komplettes Territorium von der Unesco geschützt ist. Dafür gibt es kein Krankenhaus und keinen privaten Grundbesitz: Wohnungen werden den Würdenträgern nur für die Dauer ihres Amtes zugeteilt. (c) AP (Andrew Medichini) Das bekannteste Gebäude im Vatikan ist neben dem Petersdom die Sixtinische Kapelle (im Bild rechts in der Mitte), wohin sich das Konklave zur Wahl des Papstes zurückzieht. Die teilnehmenden Kardinäle legen zu Beginn der Papstwahl einen Eid ab, der sie zur Geheimhaltung verpflichtet. Nicht alle halten sich dran: Als Josef Ratzinger 2005 zum Papst gewählt wurde, drangen schon vor dem "Habemus papam!" Berichte über die Entscheidungsfindung nach außen. (c) AP (DigitalGlobe / Eurimage) Wenn nicht gerade das Konklave tagt, können Besucher der Vatikanischen Museen zum Abschluss des Rundgangs die farbenprächtigen Fresken in der Sixtinischen Kapelle bestaunen. Entgegen der landläufigen Meinung stammen nicht alle Malereien von Michelangelo Buanarroti, dafür aber die beeindruckendsten: die Deckenfresken mit Szenen aus der Genesis und das Jüngste Gericht über dem Altar. Darauf hat sich der Überlieferung zufolge Michelangelo in der abgezogenen Haut des Märtyrers Bartholomäus verewigt. (c) EPA (Maurizio Brambatti) Stadtstaat der Wunder und Rekorde (APA)
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