Ägypten: Spindelegger setzt sich für Kopten ein

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Bei seinem Besuch in der ägyptischen Hauptstadt Kairo will Österreichs Außenminister auf mehr Rechte für die christliche Minderheit drängen. Michael Spindelegger hat auch günstige Kredite für Projekte im Gepäck.

Kairo. Zu Beginn seiner Nahost-Reise erklärte sich Außenminister Michael Spindelegger mit den koptischen Christen Ägyptens solidarisch: „Scharia und Religionsfreiheit vertragen sich nicht“, sagte er vor österreichischen Journalisten. Damit übte Österreichs Chef-Diplomat auch Kritik an der ägyptischen Verfassung. In deren Artikel 2 ist ausdrücklich festgelegt, dass der Islam Staatsreligion ist und die Scharia die Hauptquelle der Rechtssetzung. Die Kopten, die ungefähr zehn Prozent der 83 Millionen Einwohner des Landes am Nil stellen, fordern eine säkulare Verfassung. Denn eines der Probleme, mit denen die Christen in Ägypten zu kämpfen haben, ist das islamische Familienrecht.

Auslöser für die jüngsten interreligiösen Spannungen ist eine Liebesgeschichte zwischen einem Muslim und einer Christin. Die Aufregung eskalierte derart, dass nicht nur die Eltern des Paares getötet wurden, sondern Extremisten die Kirche des Dorfes Sol unweit der Hauptstadt Kairo in Brand setzten. 5000 christliche Bewohner des Ortes mussten in Sicherheit gebracht werden. Als Kopten mit Blockaden und Sitzstreiks gegen die Zerstörung ihrer Kirche demonstrierten, geriet die Situation vollends außer Kontrolle. Bei Unruhen starben vor drei Wochen 13 Menschen, 140 wurden verletzt.

„Wir wollen ein neues Ägypten“

Bei den Protesten gegen Ex-Machthaber Mubarak hatten Kopten und Muslime noch einen gemeinsamen Gegner. Jetzt scheint diese Allianz wieder auseinanderzufallen. Die Stimmung ist ähnlich angespannt wie nach dem Sprengstoffanschlag auf die Kathedrale in Alexandria, dem zu Neujahr 21 Menschen zum Opfer gefallen waren. „Ich bin in großer Sorge“, sagte Spindelegger vor seinem Treffen mit Kopten-Papst Schenuda III. in Kairo. „Wir wollen ein neues Ägypten, das den Schutz religiöser Minderheiten ernst nimmt und den Christen mehr Rechte einräumt.“ Das werde er den Vertretern der Übergangsregierung in Kairo deutlich machen.

Mit im Gepäck hat er bei seinen Treffen mit Premier Essam el-Sharaf und Außenminister Nabil el-Araby Soft Loans (günstige Kredite) für Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Infrastruktur im Umfang von 170 Millionen Euro. Anbieten will er auch rechtliche Hilfestellung bei der aktuellen Verfassungsreform.

Auf dem Programm stehen in Kairo am heutigen Dienstag zudem Unterredungen mit Amr Moussa, dem Generalsekretär der Arabischen Liga, und Mohamed ElBaradei, dem Ex-Chef der Internationalen Atomenergiebehörde. Beide wollen bei der Präsidentenwahl antreten. Seit dem Sturz Mubaraks liegt die Macht in Ägypten bei einem Militärrat, der von General Mohamed Hussein Tantawi angeführt wird. Er war ein enger Gefolgsmann des Ex-Staatschefs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 5. April 2011)

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