Auch Laien stellen sich gegen Rom

(c) Erwin Wodicka
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Jene Priester, die zu Ungehorsam aufgerufen haben, werden von den Reformbewegungen "Laieninitiative" und "Wir sind Kirche" unterstützt. Pfarrer- und Laieninitiativen wollen innerkirchliche Reformen forcieren.

Wien/Duö. Der Konflikt geht in die nächste Runde: Nachdem die Pfarrerinitiative rund um den ehemaligen Wiener Generalvikar Helmut Schüller zu „Ungehorsam“ gegen Rom aufgerufen hat, melden sich nun die Laien zu Wort: Die „Laieninitiative“ und „Wir sind Kirche“ unterstützen die Pfarrerinitiative in ihren Forderungen.

Die Kirchenleitung sei seit Langem zu keinem ernsthaften Dialog über „heiße Eisen“ bereit, heißt es in einer Erklärung der Plattform „Wir sind Kirche“. Daher habe man nun auf der Website wir-sind-kirche.at die Rubrik „Verbotenes“ eingerichtet. Hier können Gläubige anonym über jene Erfahrungen berichten, wie sie die Verbote Roms ignorieren. Eine Frau aus Tirol berichtet beispielsweise, dass in ihrer Gemeinde Brot, Wein und das Evangelium geteilt werde, ohne dass ein Priester anwesend sei. Die Pfarrerinitiative fordert, dass auch ausgebildete Laien predigen dürfen – und will insgesamt eine verstärkte Mitwirkung von Laien. Die Mitglieder der Pfarrerinitiative würden sich zudem verpflichtet fühlen – eben als Akt des „Ungehorsams“ – auch jenen die Kommunion zu spenden, die geschieden und wieder verheiratet sind.

In dieselbe Kerbe schlägt auch die „Laieninitiative“: Verheirateten (und Frauen) das Priesteramt zu öffnen, ist eine ihrer Forderungen. „Wir haben nicht genügend Priester zur Verfügung“, sagt der interimistische Leiter der Laieninitiative, Peter Pawlowsky, zur „Presse“, „weil manche das Amt verlassen, nachdem sie geheiratet haben.“ Sein Vorgänger, der ehemalige Volksanwalt Herbert Kohlmaier, war mit massiver Kritik an Papst und Kirche zurückgetreten. Einen neuen Leiter wolle man „in absehbarer Zeit“ finden, so Pawlowsky.

„Nicht fragen, sondern tun“

Unterdessen hat sich die oberösterreichische Niederlassung der Laieninitiative in einem Brief an den Bischof Ludwig Schwarz gewandt. Darin heißt es wörtlich: „Wir Laien werden in Zukunft nicht mehr fragen, sondern tun (...) Wir werden die Priester in unserer Umgebung ermutigen zum Widerstand gegen die Lasten, die ihnen aufgebürdet werden.“ Daher würden auch sie den Aufruf zu Ungehorsam unterstützen.

Pfarrer- und Laieninitiativen wollen mit diesem Schritt die ihrer Ansicht nach längst fälligen, innerkirchlichen Reformen forcieren. „Muss erst ganz Österreich zu einer einzigen Pfarre schrumpfen oder die Selbstmordrate deutlich steigen, damit die Herren auf den Bischofsstühlen einen Notstand in der Kirche erkennen?“, heißt es in der Aussendung von „Wir sind Kirche“.

Vor dem Hintergrund des Aufrufs der Pfarrerinitiative ist auch eine Predigt Kardinal Christoph Schönborns zu verstehen. Bei der Weihe von acht neuen Priestern am vergangenen Freitag im Stephansdom meinte er – bereits in Kenntnis des Textes der Erklärung von Schüller & Co. – in deutlichen Worten: Er lege den Priestern nahe, sich an ihr bei der Weihe abgelegtes Gehorsamsversprechen zu halten; Gehorsam und Ehrfurcht seien „von vitaler Bedeutung für die Gemeinschaft der Kirche“, so Schönborn.

Schönborn: Nicht über die Medien

Gehorsam heiße auch, dem Bischof Unangenehmes sagen zu können, „aber nicht über die Medien, sondern von Angesicht zu Angesicht“.

Zu Wort gemeldet hatte sich bereits am Montag unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Forderungen der Pfarrerinitiative der Grazer Bischof Egon Kapellari – nach (inhaltlicher) Absprache mit Kardinal Schönborn. Der Aufruf zu Ungehorsam gefährde die „gemeinsame Gestalt der Weltkirche“.

Davon unbeirrt will die Laieninitiative ihre Arbeit fortsetzen. Im heurigen Herbst ist eine Tagung zum Thema „Eucharistiefeier in priesterlosen Gemeinden“ geplant.

Auf einen Blick

Konflikt. Am Montag hat die Pfarrerinitiative zu „Ungehorsam“ gegen Rom aufgerufen – und wird nun von den Reformbewegungen unterstützt. Pfarrer- und Laieninitiativen wollen damit innerkirchliche Reformen forcieren. Kardinal Schönborn hat indessen betont, dass Gehorsam von „vitaler Bedeutung“ für die Kirchengemeinschaft sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2011)

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