Schwere Krawalle in nordfranzösischer Stadt Amiens

Bei den Protesten gingen zahlreiche Autos in Flammen auf.
Bei den Protesten gingen zahlreiche Autos in Flammen auf.(c) EPA (GUILLAUME CLEMENT)
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Junge Randalierer zündeten Autos und Mülltonnen an. Ausgelöste wurden die Krawalle möglicherweise durch eine Polizeikontrolle.

In Frankreich ist es erneut zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Jugendlichen und Polizei gekommen. Im nordfranzösischen Amiens zündeten Randalierer Autos an und schossen auf Polizisten. Den Behörden zufolge wurden 16 Beamte durch Bleikugeln, Feuerwerkskörper und Wurfgeschoße verletzt, einer von ihnen schwer. Mit Tränengas und Gummigeschoßen gingen die rund 150 Beamten gegen die Jugendlichen vor; Festnahmen gab es keine.

Etwa hundert Jugendliche hatten bereits am Montagabend begonnen, die Sicherheitskräfte zu bedrängen, die in ein Problemviertel im Norden von Amiens eingerückt waren, nachdem es dort bereits am Sonntag Zusammenstösse gegeben hatte. Die Ausschreitungen dauerten bis Dienstagmorgen gegen 04.00 Uhr an.

Amiens ist "Sicherheitszone"

In dem Viertel im Norden von Amiens kommt es regelmässig zu Zwischenfällen, doch die Zusammenstöße seien "noch nie so schwerwiegend gewesen", fügte die Präfektur hinzu. Drei öffentliche Gebäude seien teils zerstört worden, darunter eine Vorschule, die nach Angaben der Stadt teilweise ausbrannte. Ein Sportzentrum sei völlig demoliert worden.

Zudem wurden rund ein Dutzend Fahrzeuge und etwa 60 Mülleimer angezündet und die Scheiben einer Polizeistelle zerschlagen. Der Bürgermeister von Amiens, Gilles Demailly, sprach von "trostlosen Szenen". Die Schäden bezifferte er auf "Millionen Euro". Er habe seit Monaten um Unterstützung gebeten, weil die Spannungen in dem Viertel gewachsen seien.

Der Norden von Amiens zählt zu den landesweit 15 Sicherheitszonen, für die der neue sozialistische Innenminister Manuel Valls ab September zusätzliche Sicherheitsmassnahmen angekündigt hat. Präsident Francois Hollande schickte Valls am Nachmittag vor Ort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Valls wurde bei seiner Ankunft aber von Bewohnern ausgepfiffen.

Für Hollande gelten die Ausschreitungen als die erste Bewährungsprobe im Bereich der inneren Sicherheit. Sein konservativer Vorgänger Nicolas Sarkozy hatte sich in diesem Bereich mit seiner Politik der harten Hand nicht nur Freunde gemacht.

Hollande kündigte an, im Kampf gegen die Gewalt sämtliche Mittel zu mobilisieren. Konkret bedeute dies, dass im kommenden Haushalt zusätzliche Gelder für die Polizei eingeplant würden. "Die Gewalt gegenüber der Polizei, die ausgebrannten Gebäude und die Menschen in Angst sind inakzeptabel", sagte Hollande.

Der bei den Präsidentenwahlen im Mai über Sarkozy siegreiche Hollande hat mit einer Wirtschaft am Rande der Rezession, leeren Staatskassen und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen.

Von der Aussichtslosigkeit auf dem Arbeitsmarkt besonders stark betroffen sind die Jugendlichen in den heruntergekommenen Vororten mehrerer Städte Frankreichs. Die Wut der Bewohner speist sich zudem aus einem Gefühl der Entfremdung von der übrigen Gesellschaft und dem latenten Dauer-Konflikt mit der Polizei.

Die schwersten Krawalle gab es bisher im Jahr 2005. Wegen der über Wochen anhaltenden Gewalt rief die Regierung damals den Notstand aus. Eine Debatte über die sozialen Brennpunkte in den Vororten und die Integration von Immigranten vor allem aus Afrika begann. Auch 2007 und 2010 gab es größere Zusammenstöße.

(APA/dpa)

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