Iran: 488 Hinrichtungen wegen Drogenhandels

Hinrichtung Iran Drogenhandel
Hinrichtung Iran Drogenhandel(c) AP (Str)
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Um seines Drogenproblems Herr zu werden, setzt Iran auf die Todesstrafe. Amnesty fordert, die Tötungen zu stoppen, und kritisiert die EU. Diese sei Irans Partner im Kampf gegen Drogen und sehe einfach weg.

Amnesty International verurteilt Iran wegen massenhafter Hinrichtungen von Drogenhändlern. Im Jahr 2011 seien 600 Todesurteile vollstreckt worden, 488 davon gegen mutmaßliche Drogenhändler und Drogenkuriere. Seit 2009 hat sich die Zahl aller Hinrichtungen beinahe verdreifacht.

Ende November wurden neun Menschen in der westiranischen Stadt Kermanschah teilweise öffentlich gehängt, sieben davon wegen Drogenhandels. Nur wenige Tage zuvor ereilte das gleiche Schicksal elf Menschen in Shiraz. Sie sollen Heroin, Opium und Morphium besessen und gehandelt haben. Der Iran versuche mit den Hinrichtungen sein immenses Drogenproblem in den Griff zu bekommen, heißt es in einem Bericht von Amnesty. Es gebe aber keine Anzeichen, dass Hinrichtungen das Drogenproblem eines Landes besser bekämpfen würden als Inhaftierungen, so die Organisation.

Zweifelhaft seien auch viele der Urteile: Ein Mann sei etwa auf Grundlage eines unter Folter erpressten Geständnisses zum Tod verurteilt worden, weil in seinem Lastwagen große Mengen Drogen gefunden wurden. Seine Familie wurde erst acht Stunden vor der Hinrichtung von den Behörden informiert. Von der brutalen Maßnahme besonders betroffen seien Angehörige ethnischer Minderheiten und Ausländer. Afghanen, so berichtet Amnesty, würden teilweise ohne Prozesse hingerichtet. Sie stehen vor allem unter Verdacht, Drogen über die Grenzen ins Land zu schmuggeln.

89 Hinrichtungen an einem Tag

Iran vollstreckt neben den USA, China, Nordkorea und Saudi-Arabien weltweit die meisten Todesurteile. Gleich 89 Menschen habe Iran am 4. August 2010 bei einer Massenhinrichtung getötet, berichtet Amnesty.

Einen Rückgang der verhängten und vollstreckten Todesurteile vermeldet das Todesstrafen-Informationszentrum für die USA. In den vergangenen 15 Jahren sind die Urteile mit Todesstrafe um 75 Prozent zurückgegangen, die Vollstreckungen immerhin um 60 Prozent. Nichtsdestotrotz sind die USA noch immer das einzige westliche Land, das noch an der Todesstrafe festhält. Dieses Jahr wurde die Strafe in 43 Fällen vollstreckt.

Kritik an der EU und Deutschland

Amnesty kritisiert auch die Europäische Union. Sie kooperiert im Kampf gegen die Drogen mit Iran und fördert ein dort angesiedeltes Projekt mit 9,5 Millionen Euro. Zudem unterstütze die deutsche Bundespolizei im Rahmen des Projekts den Aufbau eines kriminaltechnischen Labors. "Wenn die Bundesrepublik mit den iranischen Behörden zusammenarbeitet, dann muss sie diese Kooperation nutzen, um sich nachdrücklich gegen die Todesstrafe bei Drogendelikten einzusetzen", erklärt Amnestys Iranexpertin Ruth Jüttner.

Drogenproblem des Iran

Iran hat weltweit die vierthöchste Rate an Drogentoten. Zudem gilt er als eines der wichtigsten Transitländer für Rauschgiftschmuggler. Besonders dramatisch gestaltet sich die Lage an der Grenze zum nordöstlichen Nachbarn Afghanistan. Dort liegt eines der Hauptanbaugebiete für Mohn, der zur Herstellung von Opium verwendet wird.

Nicht nur Amnesty International prangert die iranische Justiz an: Im November hat das EU-Parlament Iran verurteilt. Die Justiz verletze wiederholt die Menschenrechte. Besonders besorgt zeigten sich die Parlamentarier über die wachsende Zahl der politischen Häftlinge und die gängige Folterpraxis. Bei den UN hat die Verurteilung Irans bereits Tradition: Beinahe jährlich verabschiedet die Vollversammlung eine Resolution gegen das Rechtssystem des Landes. Im November stimmten immerhin 86 Länder zu, 44 taten dies nicht.

(Ag./Red.)

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