Ministerin Johanna Mikl-Leitner lehnt den direkten Dialog mit den Hungerstreikenden ab. Die Räumung des Protestcamps am vergangenen Freitag wird das Innenministerium dennoch prüfen.
Wien/Apa/Red. Das Camp der Asylwerber in der Wiener Votivkirche soll auch über den Jahreswechsel bestehen bleiben: Die 40 Personen – 14 von ihnen sind im Hungerstreik – wollen ihren Protest erst beenden, wenn die Politik auf ihre Forderungen eingeht. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP) stellte am Sonntag aber klar: „Strukturelle Änderungen im Asylwesen werden nicht stattfinden.“
Die Räumung des Protestcamps am vergangenen Freitag wird das Innenministerium dennoch prüfen: Der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit sei am Sonntag der Auftrag erteilt worden, den Einsatz zu evaluieren, sagt Ministeriumssprecher Karlheinz Grundböck. Zuvor wurde kritisiert, dass die Räumung von Campingtischen mit Baggern durchgeführt wurde. Auch die Unterkünfte der Asylwerber werden geprüft, so Mikl-Leitner.
Die Wiener Polizei stellte unterdessen klar, bei der Räumung des Zeltlagers „im Einvernehmen“ mit der Stadt Wien gehandelt und „selbstverständlich“ die Vorgangsweise vorher mit der Wiener Stadtverwaltung besprochen zu haben. Eben dies hatte davor Grünen-Chefin Eva Glawischnig bezweifelt. Rückendeckung für die Polizei gab es von der Innenministerin: Nichts zu tun wäre Amtsmissbrauch gewesen. Den Asylwerbern stehen nach wie vor vom Innenministerium organisierte Quartiere zur Verfügung; das Camp in der Kirche kann nur die Kirche auflösen. Die Asylwerber fordern mit dem Hungerstreik unter anderem bessere Unterkünfte und das Löschen ihrer Fingerabdrücke, damit sie im Falle eines negativen Bescheids in anderen EU-Ländern Asyl beantragen können. Einen direkten Dialog mit den Betroffenen lehnte Mikl-Leitner jedoch ab.
Protest ohne Umwege
Besuch bekamen die Hungerstreikenden aber von der designierten Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden in Österreich, Beatrix Mayrhofer: „Es kann nicht sein, dass Menschen mitten in Wien um ihr Leben fürchten müssen, während nur einige hundert Meter weiter Silvester gefeiert und auf ein hoffnungsfrohes neues Jahr angestoßen wird.“ Mayrhofer übte Kritik an der Räumung des Protestcamps: Es stelle sich die Frage, ob man mit der Räumung nicht den vielen Wien-Touristen den Anblick von Elend haben ersparen wolle. Unterstützung kam auch von Christoph Pinter, Leiter des Wiener UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR: Es sei wichtig, so Pinter, dass die Asylwerber selbst ihre Unzufriedenheit äußern und dies nicht über Umwege (Hilfsorganisationen) laufe.
Der Hungerstreik dauert seit dem 24.Dezember an. Zehn Personen wurden zwischenzeitlich im Krankenhaus behandelt, sie kehrten wieder in die Kirche zurück. Am Samstagabend wurden die Asylwerber von rund 1000 (laut Angaben der Veranstalter) Demonstranten unterstützt. Der Protestzug verlief friedlich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.12.2012)