Deutsche Hilfe für den Wiener Prater

 Der Olympia Looping lockt Gäste auf das Münchner Oktoberfest. Bis August gastiert er in Wien.
Der Olympia Looping lockt Gäste auf das Münchner Oktoberfest. Bis August gastiert er in Wien.(c) Voithofer Valerie
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Eine Achterbahn mit Fünffach-Looping soll neue Gäste anlocken. Wer dann noch hungrig ist, lässt sich das Essen ebenfalls via Rollercoaster servieren.

Wien ist also doch nicht anders. Auf der ganzen Welt gleichen sich die Bilder wie ein Ei dem anderen. Je größer die Achterbahn, desto mehr Erwachsene (Kinder und Jugendliche ausgenommen, sie sind entscheidungsstärker) diskutieren in sicherer Entfernung zum Ticketschalter miteinander, ob sie nun sollen oder nicht. Von Sich-Trauen ist aus taktischen Gründen nie die Rede. Man hat schließlich einen Ruf zu verlieren. Nun ist dieses Phänomen auch im Wurstelprater zu beobachten.

Um die im Vergleich zu internationalen Vergnügungsparks immer noch etwas verschlafen wirkende Freizeitmeile etwas aufzuputzen, holte sich heuer der Prater-Betreiber den sogenannten Olympia Looping aus Deutschland. Die Anlage steht sonst auf dem Münchner Oktoberfest und soll die größte mobile Achterbahn der Welt sein.

Achterbahn-Fans, für die es in Österreich zwar ein solides, aber alles andere als spektakuläres Angebot gibt, wird das freuen. Die etwas über zwei Minuten dauernde Fahrt auf dem über 1000 Tonnen schweren Stahlgerüst lässt einen schnell jegliche journalistische Distanz vermissen. Schon bergauf ist die Bahn schneller als manch andere in voller Fahrt. Der First Drop aus 32 Metern Höhe, so nennen Aficionados die erste, meist auch schnellste Abfahrt einer Achterbahn, gibt buchstäblich einen haarsträubenden Eindruck davon, was da noch kommt: fünf Loopings in Serie, unterbrochen nur von Steilkurven, die den Körper mit der fünffachen Erdbeschleunigung in den Sitz pressen. Da ist bei idealem Frühlingswetter (leider?) nur wenig Zeit, den Ausblick über Wien zu, naja, genießen.

Die Warnschilder am Ticketschalter – Personen mit schlechten Bandscheiben und schwachem Kreislauf müssen draußen bleiben – sind also nicht als Gag gedacht. Die Wirkung auf das Allgemeinbefinden der laut Betreiberangaben bis zu 100 km/h schnellen Fahrt entspricht in etwa jener von drei Tassen Kaffee: Danach ist dank Adrenalinschub von Frühjahrsmüdigkeit keine Spur mehr. Insofern lässt sich der Preis der Raserei (8,50 Euro) irgendwie rechtfertigen.

 Die Suppe kommt im Glas und im rasanten Tempo auf Schienen:  das neue Rollercoaster Restaurant.
Die Suppe kommt im Glas und im rasanten Tempo auf Schienen: das neue Rollercoaster Restaurant.(c) APA/GEORG HOCHMUTH

Auch die zweite neue (deutsche) Attraktion hat sich der Achterbahn verschrieben: Im Rollercoaster-Restaurant werden Speisen und Getränke auf einem scheinbar endlos langen Schienensystem in rasantem Tempo über den Köpfen der Gäste auf die Reise zu den Tischen geschickt. Das alles ist extrem aufwendig und macht sicher auch Spaß. Sofern das mit der Technik klappt. Was bei der Präsentation am Donnerstag leider nicht der Fall war: Die Speisen landeten oft auf dem falschen Tisch, die groß angekündigte Innovation der Roboter – das Cocktailmixen – wurde gar nicht erst gezeigt. Dafür konnten die Roboter zu einem Michael-Jackson-Medley samt Lichtshow perfekt ihre gelben Arme schwingen. Das alles ist genauso laut, bunt und schrill, wie es klingt – und passt daher ganz gut in den Prater (und nur hierhin.)

Burger im Kochtopf

Bestellt wird das Essen innovativ über Tablets, außer die Software gibt w. o., dann kommen, ganz oldschool, dankenswerterweise echte Kellner. Damit das Essen auf seiner Achterbahnfahrt nicht auf den Gästen landet, rasen die Burger (ca. 14 Euro) verpackt in Kochtöpfen samt Deckel daher. Den Burger schneidet man im Topf (seltsam!) oder hält ihn in der Hand und patzt auf den Tisch (unpraktisch!). Vor lauter Tüfteln an fast absurd viel Technik – die hoffentlich bald funktioniert – hat man auf einige Basics vergessen: Ein altmodischer Teller wäre zum Beispiel nett. Bitte danke.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2016)

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