Gendarmenmörder beging Suizid

Archivbild: Der damals 23-jährige Amyn Radwan Gindia auf einem Polizeifoto aus dem Jahr 1990)
Archivbild: Der damals 23-jährige Amyn Radwan Gindia auf einem Polizeifoto aus dem Jahr 1990)APA
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24 Jahre saß der Gendarmenmörder von Maria Lanzendorf im Gefängnis. Danach wurde er wieder kriminell. Nun lag Amyn Radwan Gindia tot in seiner Zelle.

Wien. Er saß lange Jahre ein – nicht irgendwo, sondern die meiste Zeit „am Felsen“, wie das bekannteste Gefängnis Österreichs, die Haftanstalt Krems-Stein, im Häfn-Jargon genannt wird. Nach gut 24 Jahren kam Amyn Radwan Gindia vorzeitig aus lebenslanger Haft frei. Das war Ende 2014. Drei Monate später versuchte er mit einem 54-Jährigen (dieser hatte 38 Jahre seines Leben in Haft verbracht) in eine Apotheke einzubrechen. Die Polizei rückte an. Gindia lieferte ihr ein Feuergefecht mit einer Glock 17. Er wurde schwer verwundet, kam neuerlich hinter Gitter. Am Donnerstag wurde der 48-Jährige tot in seinem Haftraum der Justizanstalt Wien-Josefstadt gefunden.

Handgranate im Gepäck

In Einzelhaft (dies laut Anstaltsleitung auf eigenen Wunsch) wartete der gebürtige Libanese in U-Haft auf seinen nächsten Prozess. Weil er auf die Polizisten geschossen und versucht haben soll, eine Handgranate zu zünden, lautete die Anklage auf Mordversuch. Gindia hätte sich wohl nicht schuldig bekannt. Laut Anwalt Rudolf Mayer soll der Beschuldigte absichtlich danebengeschossen haben, damit er selbst getroffen würde. Suicide by Cop nennt man dieses Phänomen etwa in den USA.

Wäre Gindia verurteilt worden, hätte er möglicherweise zum zweiten Mal lebenslange Haft bekommen (so wie Jack Unterweger, auch er nahm sich in Haft das Leben). Man wird es nie erfahren. Gindia entzog sich dem bereits bestellten Schwurgerichtshof, der ab Montag (25. April) hätte tagen sollen. Der Angeklagte dürfte sich in der Zelle vergiftet haben.

In Stein war der früher in Waffen- und Drogengeschäfte verwickelte Mann, der laut Anwalt zuletzt mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen hatte, jahrelang im berüchtigten Trakt West E, dem Hochsicherheitstrakt, untergebracht gewesen. In unmittelbarer Nachbarschaft saß etwa der Flughafen-Terrorist Tawfik Ben Ahmed Chaovali. Dieser verübte 1985 den blutigen Anschlag auf den El-Al-Schalter auf dem Flughafen Wien-Schwechat.

Als „extrem gefährlich“ (Zitat Justizwache) in die österreichische Kriminalgeschichte eingegangen ist Gindia, als er am 2. März 1989, damals 21 Jahre alt, in Maria Lanzendorf (NÖ) den Gendarmen Johann Habres erschoss. Der 33-jährige Beamte war mit zwei angesetzten Kopfschüssen „liquidiert worden“ (Zitat Anklage). Dem Revierinspektor waren damals zwei Männer auf offener Straße verdächtig vorgekommen. Er hatte eine Personenkontrolle durchführen wollen. Nicht ahnend, dass es sich bei dem Duo um Gindia und dessen besten Freund, den Palästinenser Emile El-Khoury, handelte. Gindia trug in einem Plastiksack Waffenteile bei sich. Als Habres dies bemerkte, feuerte Gindia sofort seine Pistole ab.

Nach dem Duo war damals längst gesucht worden, da Gindia und El-Khoury 1987 einen türkischen Waffenschieber in einen Hinterhalt gelockt hatten. Gindia ermordete den Mann hinterrücks, indem er einen Feuerstoß aus einem Sturmgewehr abgab. Danach wurde dem Sterbenden noch in den Kopf geschossen. Schon zuvor hatte Gindia einen Wiener Waffenhändler und einen Wiener Juwelier beraubt.

Ob sich der 48-Jährige wenige Tage vor seinem Prozess tatsächlich durch Gift das Leben nahm, wird eine Obduktion klären.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2016)

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