Wien: Erste Nuit-Debout-Demo floppt

Die „Nuit Debout“-Bewegung mit dem erklärten Ziel, „jedem eine Stimme zu geben“, entstand in Frankreich. Die erste Veranstaltung in Wien lockte kaum Teilnehmer an.
Die „Nuit Debout“-Bewegung mit dem erklärten Ziel, „jedem eine Stimme zu geben“, entstand in Frankreich. Die erste Veranstaltung in Wien lockte kaum Teilnehmer an.Die „Nuit Debout“-Bewegung mit dem erklärten Ziel, „jedem eine Stimme zu geben“, entstand in Frankreich. Die erste Veranstaltung in Wien lockte kaum Teilnehmer an.
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Lediglich 50 Teilnehmer kamen am Sonntag zu der ersten Kundgebung der sozialen Bewegung Nuit Debout auf dem Schwarzenbergplatz. Weitere Veranstaltungen sind ungewiss.

Wien. Die erste Kundgebung der sozialen Bewegung Nuit Debout Vienna hat am Sonntag auf dem Schwarzenbergplatz mit weniger Andrang als von Initiatorenseite erwartet stattgefunden. Rund 50 Teilnehmer kamen gegenüber der französischen Botschaft zusammen, um sich gemeinsam Gedanken über Gesellschaftsprobleme zu machen. Im Vorfeld war man von mindestens 500 Teilnehmern ausgegangen. Anlässlich eines „globalen Aktionstages“ fanden am Sonntag weltweit in vielen Städten wie etwa Madrid ebenfalls Nuit-Debout-Versammlungen statt.

„Ein bisschen enttäuscht sind wir schon“, räumt die Initiatorin von Nuit Debout Vienna, Sandrine Durand, ein. Den Grund für den geringen Andrang sah wie sie auch Johannes Gress, Pressesprecher des Wiener Ablegers der Protestbewegung Nuit Debout, im schlechten Wetter: „Wir hatten in etwa 750 Zusagen auf Facebook und mehr als 800, die ,interessiert‘ angeklickt haben.“

Flüchtlinge und TTIP

Wie beim französischen Vorbild in Paris sollten auch in Wien Arbeitsgruppen gebildet werden, die zu Themen wie TTIP, der Flüchtlingssituation, Kapitalismus und Umwelt Lösungsvorschläge erarbeiten sollen, um diese dann in der Generalversammlung zu präsentieren.

„Leider sind wir heute zu wenige dafür. Jetzt werden einfach Reden gehalten“, meint Gress. Jeder, der sprechen wollte, bekam exakt fünf Minuten Redezeit. „Wir sind nicht viele heute, aber diejenigen, die da sind, sind dafür mit brennendem Herzen bei der Sache“, sagt der WU-Professor Franz Hörmann als einer der ersten Sprecher am Sonntag in seiner Rede, in der er das kapitalistische System infrage stellte.

Das Mikrofon stehe hier jedem zur Verfügung, der etwas zu sagen hat, egal welche Meinung man vertritt – politisch vereinnahmen lassen wollen sich die Organisatoren nicht: „Wir sind nicht links und auch nicht rechts. Bei uns hat alles Platz. Wir wollen einfach den politischen Dialog fördern“, sagt Gress.

Der ausschlaggebende Funke für die Protestbewegung war in Frankreich die umstrittene Arbeitsmarktreform der französischen Regierung, die bis heute zumindest teilweise Triebfeder ist. Anders als in Paris, wo die sozialkritische Protestbewegung am Place de la Republique nun schon in den 45. Tag gegangen ist, war die Stimmung in Wien deutlich ruhiger.

Keine Beschwerden

Beschwerden habe man keine gehört, teilte die Polizei mit – auch bei den Behörden sei man verwundert, dass deutlich weniger Menschen gekommen sind als angemeldet waren. „Wir haben mit mehr Andrang gerechnet und haben wohl so um die 500 Menschen angemeldet“, sagt Durand.

Bezeichnend ist die Reaktion einer jungen Teilnehmerin: „Ich gehe heim, es tut mir leid, aber es ist einfach zu kalt“, meint sie. „Sehen Sie, es ist hart, sich gegen etwas aufzulehnen“, kommentiert Durand lächelnd. Ob es noch weitere Veranstaltungen von Nuit Debout Vienna geben wird, wisse man noch nicht. Gress verweist auf eine Gruppe nahe des Sprecherpults: „Das wird wohl dort jetzt gerade besprochen.“

Entstanden ist der österreichische Nuit-Debout-Ableger nach eigenen Angaben nach einem ersten, über Facebook koordinierten Treffen auf dem Schwarzenbergplatz vor drei Wochen. Heute sei man eine „Gruppe von 20 Leuten, viele Franzosen, einige Spanier“, sagt Gress: „Wir kennen uns gegenseitig noch kaum.“ (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2016)

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