Der am 26. Jänner in der Hofburg stattfindende Akademikerball wirft seine Schatten voraus: Die Wiener Polizei rechnet mit „deutlich höherer Gewaltbereitschaft“.
Wien. Für den Veranstalter, die Wiener FPÖ, ist der Akademikerball (laut Ball-Homepage) ein „klassischer Wiener Nobelball (...) in der Tradition der großen studentischen Bälle“. Für Kritiker ist die Veranstaltung (Vorläufer: Wiener Korporations-Ball) ein „Vernetzungstreffen der Rechtsextremen“. Für die Wiener Polizei ist es schlicht „der größte Polizeieinsatz des Jahres“. Das sagte Polizeipräsident Gerhard Pürstl am Mittwoch im Rahmen einer gemeinsam mit Journalisten geführten Podiumsdiskussion (auch „Die Presse“ war vertreten). Welche Besonderheiten weisen Ball und Gegendemonstrationen heuer auf? Ein Überblick.
1 Unterscheidet sich der heurige Ball von den früheren Abenden?
Die Veranstaltung an sich ist dieselbe wie in den vergangenen Jahren. Zuletzt waren um die 1500 Ballbesucher in die Hofburg gekommen. Unter den Gästen sah man bisweilen die FPÖ-Spitzenpolitiker Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer. Seit Bildung eines türkis-blauen Kabinetts stellt sich freilich die Frage: Wie hält es die FPÖ als Regierungspartei mit dem Ball? Strache, mittlerweile Vizekanzler, sagte vor ein paar Tagen zur Austria Presse Agentur, er werde den Ball besuchen – wenn nichts dazwischenkomme. Auch die dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller wird teilnehmen. Hingegen wollen die FPÖ-Minister Norbert Hofer (Infrastruktur), Herbert Kickl (Inneres) und Mario Kunasek (Verteidigung) nicht kommen.
2 Die heurige Demonstrationen gegen den Ball haben brisante Hintergründe – welche?
Polizeipräsident Pürstl rechnet mit „deutlich höherer Gewaltbereitschaft“ als zuletzt. Zum Vergleich: Im Vorjahr kamen 2800 Anti-Akademikerball-Demonstranten. 2700 Beamte standen bereit. Gröbere Ausschreitungen waren ausgeblieben. Diese hatte es im Horrorjahr 2014 gegeben – mit schweren Sachbeschädigungen in der Wiener Innenstadt. Heuer hingegen erwartet die Polizei, dass Demo-Touristen aus Tschechien, Ungarn, der Slowakei, Italien und vor allem Deutschland zu den österreichischen Demonstranten stoßen werden. In der linken Hamburger Szene werde bereits „munter aktiviert“. Es bestehe laut Pürstl die Gefahr, dass gewaltbereite Demonstranten „Vergeltung“ gegen Österreichs Polizei üben wollen. Denn: Bei den Protesten gegen den G-20-Gipfel im Juli 2017 waren auch 215 Polizisten aus Österreich, vornehmlich Beamte der Sondereinheit Wega, in Hamburg im Einsatz.
3 Wie viele Anti-Ball-Demonstranten werden heuer voraussichtlich kommen?
Jedenfalls „einige Tausend“, heißt es seitens der Polizei. Die zu erwartenden großen Demonstrationszüge sind bisher noch gar nicht angemeldet. Unter anderem ist mit Märschen von der Universität über den Ring in Richtung Oper ist zu rechnen. Vergangenen Samstag gingen mehr als 20.000 Personen und damit überraschend viele bei einer Großdemo gegen die neue Bundesregierung („Neujahrsempfang“) in Wien auf die Straße. Diese verlief friedlich.
4 Wie viele Beamte sollen dieses Jahr die Veranstaltung sichern?
„Bis zu 3000 Beamte werden eingesetzt werden“, so Pürstl. Rund um den Veranstaltungsort, die Hofburg, wird es wieder eine Sperrzone (Platzverbot) geben.
5 Spielt die seit Mai 2017 geltende Verschärfung des Versammlungsrechts eine Rolle?
Kaum. Es besteht nun die Möglichkeit, Demonstrationen zu untersagen, wenn diese politischen Interessen eines anderen Landes dienen. Anlass: türkische Politiker hatten Auslandstürken in Österreich im Sinne der Erdogan-Führung mobilisieren wollen. Dieser Punkt der Verschärfung ist nun irrelevant. Zum Tragen kommt hingegen die Vorschrift, dass Kundgebungen mindestens 48 Stunden vorher angemeldet werden müssen. Bisher waren es 24 Stunden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2018)