Ludwig folgt Häupl als Wiener SPÖ-Chef nach

Michael Ludwig beim Landesparteitag am Samstag.
Michael Ludwig beim Landesparteitag am Samstag.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Wiener SPÖ hat Michael Ludwig zum Nachfolger von Michael Häupl als Landesparteivorsitzender - und damit in weiterer Folge auch als Wiener Bürgermeister - gewählt. Häupl soll Ehrenvorsitzender der Partei werden.

Michael Ludwig ist neuer Vorsitzender der Wiener SPÖ. Der 56-jährige Wohnbaustadtrat wurde am Samstagnachmittag beim Landesparteitag mit 57 Prozent gewählt und setzte sich damit gegen seinen Kontrahenten, den geschäftsführenden Parlamentsklubobmann Andreas Schieder, durch. Ludwig folgt auf Langzeit-Stadtchef und Landesparteichef Michael Häupl, der nach knapp 25 Jahren als Parteiobmann abtrat.

Insgesamt wurden 972 Stimmen abgegeben, davon sieben ungültig. 551 entfielen auf Ludwig, 414 auf Schieder. Das Amt des Bürgermeisters wird Häupl innerhalb der nächsten Monate - vermutlich im Mai - an Ludwig übergeben.

Ludwig will "Brückenschlag"

Ludwig hat sich in einer kurzen Rede bei seinen Unterstützern bedankt. Er wolle "auch all jenen, die mich heute nicht gewählt haben, die Hand reichen", versicherte er. "Ich möchte die Gelegenheit nützen, mich ganz ehrlich zu bedanken für euer Vertrauen, das ich auch als Vertrauensvorschuss empfinde", sagte Ludwig. Auch seinem Kontrahenten Andreas Schieder dankte er für die "gute Zusammenarbeit".

Mit dem heutigen Landesparteitag seien "noch nicht alle Herausforderungen gemeistert". Er wolle ab heute einen "intensiven Dialog" führen und sehr bald eine Strategieklausur abhalten, bei der sich die Partei inhaltlich und personell für die Wahl 2020 aufstellen werde. Er zeigte sich zuversichtlich, dass es gelingen werde, mit einem "Brückenschlag" alle zu verbinden. "Ab heute gibt es nur mehr eine Partei, ein geschlossenes Auftreten."

Häupl als Ehrenvorsitzender 

Wie im Vorfeld bereits angekündigt, stellte er außerdem den Antrag - der mit großem Applaus angenommen wurde - dass Michael Häupl Ehrenvorsitzender der Partei sein solle. "Damit verbinde ich auch den Wunsch, dass du uns auch in Zukunft unterstützen wirst und wir weiterhin gut zusammenarbeiten", sagte Ludwig. Danach folgte die offizielle Verabschiedung Häupls. Als Geschenk der Wiener Landespartei: Ein Lied, geschrieben vom Wiener Musiker Ernst Molden, das dieser sogleich mit seinen Kollegen Walther Soyka und Hannes Wirth live auf der Bühne spielte.

Häupl: "Was würden wir jetzt in einer rot-blauen Regierung machen?"

Landesparteisekretärin Sybille Straubinger hatte in der Früh bei ihrer Begrüßung von einem "historischen Tag" gesprochen. Im Anschluss lobte Bundesparteivorsitzender Christian Kern den Langzeitbürgermeister und -landesparteichef, bevor dieser das Wort ergriff. Der Applaus und die Standing Ovations bei Häupls Abschiedsrede dauerten Minuten lang. Immer wieder musste er nach der Rede auf die Bühne. Sichtlich gerührt, auch wenn das keine Überraschung sein konnte - was auch für den Inhalt von weiten Strecken seiner Ansprache Häupls, bei der er kaum auf die beiden Kandidaten und die anstehende Wahl einging.

Vielmehr blickte er - zu Beginn relativ nüchtern - auf seine Amtszeit zurück. Zunächst auf deren europäische Dimension: Wien sei Brückenkopf und Vorbild für Südosteuropa geworden - "Es kann kein Zurück zu einem Europa der Nationalismen geben", so Häupl. Wien als Stadt, resümierte der baldige Ex-Parteichef zufrieden, funktioniere gut - als studierter Biologie strich Häupl vor allem die Bedeutung der Wissenschaft heraus - nach 70 Jahre habe man es geschafft, den intellektuellen Aderlass durch die Nazis halbwegs in den Griff zu kriegen.

»"Die Freiheitlichen sind die allerletzten und größten Verräter an den Interessen des kleinen Mannes."«

Häupl

Als Vermächtnis-Appell hinterlässt Häupl den "Kampf um sozialen Zusammenhalt" - "das interessiert keinen außer die SPÖ". Schon gar nicht die FPÖ. "Die Freiheitlichen sind die allerletzten und größten Verräter an den Interessen des kleinen Mannes". Und in Richtiger jener Genossen, "die glaubten leichter mit der FPÖ Sozialpolitik machen zu können", sagte er. Man sehe ja jetzt in der Bundesregierung, dass das nicht funktioniere. Und dann setzte er - in Anspielung auf die aktuelle Burschenschaft-Liederbuch-Affäre - nach: "Was würden wir jetzt in rot-blauen Reguierungskonstellation machen?" Was man jedenfalls nicht machen könne, sei, was die ÖVP jetzt tue: sich wegducken.

Was die SPÖ betreffe, zähle nun vor allem eines: "Wenn Wahl vorüber ist, gibt es neuen Chef und hinter dem stehen wir alle. Ist kein moralischer Appell, sondern einer an Überlebenswillen der Sozialdemokratie." Denn der Kampf um Wien finde 2020 statt.

Kern (links) und Häupl, sichtlich gerührt.
Kern (links) und Häupl, sichtlich gerührt.APA/HERBERT PFARRHOFER

Kerns Lobeshymne auf Häupl

Zuvor hatte SPÖ-Bundesparteichef Kern seine Auftaktrede mit einer Lobeshymne auf Michael Häupl begonnen: "400.000 Kinder wurden in deiner Zeit geboren - Kinder, die keinen anderen Bürgermeister als dich kennen." Danach appellierte Kern an die Einigekeit der Partei – nachdem es offen ist, ob nach dem Parteitag die unterlegene Fraktion das Ergebnis akzeptieren wird: "Es ist wichtig einen Vorsitzenden zu wählen, der in der Lage ist, Brücken zu bauen und die Hand auszustrecken." Nachsatz: "Für die Unterlegenen ist es wichtig zu verstehen, dass man sich einzureihen hat, wenn es einen neuen Chef gibt." Gleichzeitig war Kern demonstrativ bemüht, keine Präferenz für einen Kandidaten erkennen zu lassen: "Es treten hier Kandidaten an, die eine beachtliche Biografie haben. Und sie haben Großes geleistet." Und: "Was euch verbindet, ist weit mehr ist als euch trennt."

Inhaltlich griff auch Kern die türkis-blaue Bundesregierung frontal an. Zur Diskussion um die Abschaffung der Notstandshilfe, womit Langzeitarbeitslose direkt in die Mindestsicherung wandern würden, womit auf deren Eigentum zugegriffen werden kann, meinte Kern: "Man will Arbeitslosen ihre Ersparnisse rauben, es kann ihnen (Türkis-Blau, Anm.) nicht schnell genug gehen." Nachsatz, in Richtung FPÖ: "Und in welchem Nikotinrausch haben die dem 12-Stunden-Tag zugestimmt?" Die FPÖ sei nie die Partei des kleinen Mannes gewesen, auch nie eine soziale Heimatpartei.

Ludwig: 2020 "kämpfen, siegen und gewinnen will"

Nach Kern und Häupl kamen die beiden Kontrahenten um die Häupl-Nachfolge in kurzen Statements (Redezeitbegrenzung!) zu Wort. Zuerst legte Michael Ludwig seine kurze Rede schlau an. Mit Referenzen an wichtige Wählergruppen (Dank an Gewerkschaft, Beamte), die Ehrenbezeugungen für Michael Häupl verstehen sich von selbst. Inhaltlich fasste Ludwig, der 2020 "kämpfen, siegen und gewinnen will" seine bekannten Ziele noch einmal zusammen: Er wolle "das Wir-Gefühl in der Stadt heben".

Die großen Herausforderungen der Zukunft sei vor allem das rasche Wachstum der Stadt - "ich will keine Stadt der zwei Geschwindigkeiten" - samt nötigem Ausbau der Infrastruktur (dritte Flughafenpiste etc). Weiters präsentierte sich Ludwig als Kämpfer gegen die Privatisierung des Gemeindebaus ("mit mir nicht") und gegen die Rechtspopulisten. Auch Ludwig ließ das Thema Burschenschaften nicht aus: Gegen Antisemitismus und Rassismus müsse man juristisch und politisch kämpfen. Es sei ein Skandal, dass es solche Vereine gebe.

Ludwig (links) und Schieder bei ihren Reden.
Ludwig (links) und Schieder bei ihren Reden.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)

Schieder tritt an, um "die Wiener SPÖ wieder komplett zu einen"

Als Andreas Schieder danach ans Rednerpult ging, gab er zu: "Es kommt selten vor, dass man doch ein bisschen aufgeregt ist." Inhaltlich danke er Michael Häupl und seinem Konkurrenten Michael Ludwig dafür, dass der parteiinterne Wahlkampf stilvoll abgelaufen sei. "Ich kandidiere, weil ich die dringende Notwendigkeit sehe, die Wiener SPÖ wieder komplett zu einen." Die letzten Jahre seien nicht nur schöne Jahre gewesen: "Oft reden wir von Unterschieden. Aber zum Schluss werden wir gestärkt und geeint hervorgeht."

Und dann setzte Schieder auf jene Karte, auf die er seit Ankündigung seiner Kandidatur setzt: "Schwarz-Blau, also Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache, haben keine Sekunde ausgelassen auf Wien zu schimpfen." Jenes Wien, das über eine hohe Lebensqualität besitze, eine soziale Lebensqualität: "Viele Menschen in dieser Stadt setzen auf uns, als Gegenbild zu dem, was auf Bundesebene ist." Nachsatz: "Wenn wir diese Chance nutzen, wenn wir geeint auftreten, ist vieles möglich. Dann können wir auch die absolute Mehrheit schaffen."

Die anschließende Debatte fiel - vor allem dank Redezeitbeschränkungen - relativ kurz und unaufgeregt aus. Insgesamt meldeten sich 16 Diskutanten aus verschiedenen Teilorganisationen bzw. Bezirken. Sie warben zum Teil offen für einen der beiden Kandidaten, auf harsche Kritik am jeweiligen Gegner verzichteten aber auch die Delegierten.

Weitere Statements der Kandidaten

Die folgenden Abschlussstatements der Kandidaten gerieten zu zweiten Reden - Ludwig beschwor die Bedeutung von Bildung, Digitalisierung und dem Kampf gegen Antisemitismus. Vor allem aber Andreas Schieder holte noch einmal aus. Er zog eine Erstausgabe der Gründungsprotokolle des SPÖ-Gründungstages in Hainfeld hervor - und beschwor die Einigkeit in der Partei. Das Ego der Einzelnen müsse zurücktreten. Und er ging auch auf seine Biografie ein: "Mir wird oft Vorwurf gemacht, zum Parteiadel zu gehören" (Anm.: sein Vater war SPÖ-Politiker Peter Schieder). Aber es sei keine Schande, Werte weiterzugeben: "Ich schäme mich nicht, ein Kind unserer Partei zu sein". Schieder beendete die Ansprache mit einem Appell gegen die FPÖ und forderte - wie zuvor am Samstag auch Bundepräsident Alexander van der Bellen - den Rücktritt des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten und langjährigen Germania-Vizeobmannes Udo Landbauer.

(uw, stu, phi, apa)

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