Mehr privater, weniger öffentlicher Verkehr. Umsatzplus beim Textilhandel, Umsatzminus bei kleineren Lebensmittelgeschäften. Thermen und Hallenbäder, die jubeln, Cafés und Restaurants, die nicht klagen – die Auswirkungen der tiefen Temperaturen auf den Alltag Wiens.
Bis zu minus 15 Grad in der Nacht und höchstens minus fünf Grad am Tag – die Kältewelle hat Wien fest im Griff und dauert noch bis mindestens Freitag an. Natürlich wirken sich die für diese Jahreszeit außergewöhnlich tiefen Temperaturen auch auf das tägliche Verhalten der Menschen aus und verändern dadurch das Stadtbild. Ein Überblick.
Verkehr
Sinken die Temperaturen, steigt die Zahl der Autofahrer. Nicht nur deshalb, weil auf Fahr- und Motorräder bzw. das Zufußgehen verzichtet wird, sondern weil viele Pkw-Besitzer ohne (Tief-)Garagenplatz ihre Autos, wie es der ÖAMTC nennt, „spazierenfahren“, damit die Batterie nicht kaputt wird. Diese Vorsichtsmaßnahme wird sogar explizit geraten.
Der öffentliche Verkehr hingegen wird laut Wiener Linien erfahrungsgemäß weniger, da vor allem ältere Menschen nicht unbedingt notwendige Fahrten vermeiden und häufiger zu Hause bleiben. Deutlich mehr Aufträge als sonst verbuchen Taxiunternehmen und Carsharing-Anbieter. Auswirkungen auf die Wiener Fiaker hat die Kälte im Übrigen nicht, die Pferde können mit den tiefen Temperaturen – vor allem bei ausreichend Bewegung – gut umgehen.
Handel
Die meisten Geschäfte in Wien profitieren in hohem Maß von der Kältewelle – vor allem der Textilhandel, denn die Nachfrage nach warmer Kleidung und Schuhen ist laut Wirtschaftskammer Wien sehr groß. Und das trotz des bescheidenen Angebots, denn die meisten Geschäfte haben ihr Sortiment bereits auf Frühjahrsmode umgestellt. Auch dem Sportwarenhandel beschert die Kälte ein Umsatzplus. Besonders gefragt sind Eislaufschuhe und Skiausrüstung. In Drogeriemärkten und Parfümerien steigt der Absatz von Kälteschutzprodukten und Tee. Auch der Elektrofachhandel freut sich über eine gestiegene Nachfrage nach Heizgeräten und Wärmedecken.
Negative Auswirkungen hat die Kälte auf die Märkte Wiens, denn bei den aktuellen Temperaturen dürfen Obst und Gemüse nicht ausgestellt werden. Auch kleinere Bäckereien und Lebensmittelgeschäfte haben bei einer Kältewelle Umsatzeinbußen, da die meisten Kunden große Supermärkte und Einkaufszentren (One-Stop-Shops) aufsuchen, in denen sie ihren gesamt Einkauf erledigen können. Profiteure des Wetters sind auch die Wiener Reisebüros – beim Inlands- (Ski- und Wellnessurlaube) und Auslandstourismus (Türkei, Ägypten, Kroatien) – gebucht werden spontane Reisen ebenso wie langfristig geplante.
Wintersport
Nicht dramatisch, aber durchaus spürbar leidet das Gästeaufkommen auf den Eislaufplätzen Wiens unter der Kälte, etwa auf dem Rathausplatz oder beim Eislaufverein. Zwar würden die Wiener (auch Schul- und Kindergartengruppen) nicht ganz auf das Eislaufen mitten in der Stadt verzichten, aber Peter Menasse vom Wiener Eislaufverein zufolge bleiben sie deutlich kürzer als sonst. Vor allem bei starkem Wind mache Eislaufen „einfach keinen Spaß. Man kann sich dann nicht einmal beim Punschstand neben dem Platz aufwärmen.“
Freizeit
Einen regelrechten Ansturm erleben während einer Kältewelle Solarien. Besonders beliebt: Lichttherapie gegen Depressionen und „Beautylight“, also Bräunung und Collagentherapie in einem.
Ganz ähnlich sieht es in den Thermen und Hallenbädern der Stadt aus. Die Therme Wien etwa profitiert eigenen Angaben zufolge enorm von den tiefen Temperaturen und konnte am Wochenende im Vergleich zum Vorjahreszeitraum „wesentlich mehr“ Besucher verzeichnen. Mit ein Grund dürfte die U1-Verlängerung nach Oberlaa sein. „Weil“, so Sprecherin Ursula Piatnik, „besonders bei der klirrenden Kälte wie jetzt die Anreise bequem und warm erfolgt.“
Keine nennenswerten Auswirkungen hat die Kältewelle hingegen auf die Besucherzahlen in den Wiener Kinos.
Gastronomie
Kalt lassen die Temperaturen auch die Gäste von Cafés und Restaurants, deren Umsatz (wie beispielsweise am vergangenen Wochenende) üblicherweise in etwa gleich bleibt – oder sogar leicht steigt, da vermehrt Touristen in Lokale gehen, um sich dort aufzuwärmen. Für gewöhnlich bleiben sie auch länger und konsumieren dadurch mehr als sonst.