Terrorprozess: „Lorenz war nie ein aggressives Kind“

Die Eltern jenes jungen Mannes, der einen erst Zwölfjährigen zu einem Bombenanschlag angestiftet haben soll, sagten aus – hochemotional, teils unter Tränen.

Wien. Sie wolle sich nicht selbst zu viel loben, aber: „So viel, wie wir für die Kinder gemacht haben, ist selten. Wir haben immer versucht, Vorbild für unsere Kinder zu sein.“ Mit „wir“ meint die Mutter zweier erwachsener Söhne ihren Mann und sich selbst.

Einer dieser beiden Söhne, der jüngere, Lorenz K. (19), sitzt derweil nur wenige Meter von der Frau entfernt – streng bewacht – auf der Anklagebank. Ihm werden schwere Terrordelikte vorgeworfen. Er soll einen erst zwölfjährigen Deutschen angestiftet haben, eine Nagelbombe auf dem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) zu zünden. Zum Glück funktionierte der Zündmechanismus damals nicht. Die Tatausführung blieb daher beim Versuch.

Die Mutter von Lorenz K. lässt es sich am Montag im Straflandesgericht Wien nicht nehmen, über die Kindheit ihres jüngeren Sohnes zu sprechen (die Familie hat albanische Wurzeln): „Lorenz war immer ein fröhliches Kind, ein Kasperl sozusagen. Er war nie aggressiv, er hat nie Streit angefangen.“ Während ihrer Befragung bricht die Frau, die als Krankenschwester in einem Spital arbeitet, in Tränen aus.

Hinter Gittern zum Islam

Lorenz K. ist bereits mit 15 Jahren wegen Raubüberfällen im Gefängnis gesessen. Ebendort habe er begonnen, den Koran zu lesen. Danach habe er eine bosnische Moschee besucht. Dass er später der Terrormiliz Islamischer Staat, IS, die Treue geschworen habe – davon habe sie keine Ahnung gehabt, so die Mutter. Eine Deutschland-Reise von Lorenz K., Ende 2016, bei der ihr Sohn mit einem anderen IS-Sympathisanten Bomben gebaut haben soll (K. bestreitet das), habe der Sohn als Urlaubsreise und als harmlosen Besuch bei einem Mädchen, einer Facebook-Bekanntschaft, dargestellt.

„Es ist für uns traurig gewesen zu sehen, wie er sich verändert hat“, fügt der Vater – er ist von Beruf Sozialbetreuer – den Aussagen seiner Frau hinzu.

Auch ein 13-jähriger Bekannter von Lorenz K. wird in den Zeugenstand gerufen. Dieser bemüht sich, K. zu entlasten. Der 13-Jährige, ein noch immer strafunmündiger Bursch, der sogar einen IS-Kampfnamen getragen hat, teilt nun dem Richter mit: „Ich war selber für den IS. Gelernt habe ich von Abu Tejma, nicht von Lorenz.“ Abu Tejma ist der Beiname von Mirsad Omerovic. Dieser ist als salafistischer Scharfmacher wegen versuchter Anstiftung zum Terrormord rechtskräftig zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Derzeit sitzt er diese Strafe ab.

Auch ein Beamter des Verfassungsschutzes sagt als Zeuge aus. Er erklärt, dass K. bei den Vernehmungen letztlich kooperativ gewesen sei. K. gibt an, dass dieser Beamte ihn bei einer Vernehmung „eine Watsche“ gegeben habe. Der Beamte bestreitet das. K. versichert, es sei so gewesen.

Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2018)

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