Es beherbergt jahrhundertealte Traktate, historische medizinische Instrumente und detailgenaue Wachsmodelle der menschlichen Anatomie: Das Gebäude der Medizin-Uni-Sammlungen in der Währinger Straße wird nun um elf Millionen Euro saniert.
Wien. Das Parkett knarrt, wenn man dieser Tage zwischen detailgetreuen Wachsmodellen von Herzen, Knochen, ganzen Körpern durchs Josephinum geht. Allerdings wird das wohl nur noch ein paar Monate der Fall sein: Das Gebäude in der Währinger Straße, das die medizinischen Sammlungen der Medizin-Uni Wien beherbergt, wird ab Februar 2019 von der BIG um rund elf Millionen Euro renoviert.
Dabei soll das Josephinum zu einem besucherfreundlichen, modernen Haus umgestaltet werden, wie Med-Uni-Rektor Markus Müller sagt. Gleichzeitig will man nahe an die ursprüngliche Form des Gebäudes zurück, das im Jahr 1783 nach den Plänen von Isidore Canevale – auch Architekt des Lusthauses im Prater und des Narrenturms im AKH-Campus – gebaut wurde.
Das Josephinum in der Währinger Straße in Wien, das die medizinischen Sammlungen der Medizin-Universität beherbergt, wird ab Anfang 2019 saniert. Für rund elf Millionen Euro soll der Originalzustand des Gebäudes aus dem 18. Jahrhundert wiederhergestellt werden, sagte Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft (BIG) am Mittwoch. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Mit dem Josephinum, 1785 von Joseph II. als militärisch-chirurgische Akademie gegründet, wurde die Ausbildung der Chirurgen auf neue Beine gestellt. Diese wurden erst dadurch von Handwerkern zu akademisch ausgebildeten Ärzten. Zu diesem Zweck schaffte der Kaiser als Lehrinstrumente rund 1200 in Italien gefertigte anatomische Wachsmodelle an, von denen viele noch heute zu sehen sind. Seit 1920 beherbergt die Einrichtung als ausgegliederte Gesellschaft die medizinischen Sammlungen der Uni. Das von Isidor Canevale errichtete Gebäude gilt als architektonisches Paradebeispiel der Aufklärung. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Neben den Wachsmodellen beherbergt es unter anderem eine medizinhistorische Bibliothek, . . . (c) Die Presse (Clemens Fabry)
. . . historische chirurgische Instrumente sowie eine Bilder- und eine Handschriftensammlung. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Durch die Sanierungsmaßnahmen - mit der Fassade wurde ein Teil bereits vorgezogen - sollen bis 2021 etwa der Vorplatz und der Eingangsbereich neu gestaltet werden. BIG
Der Hörsaal als Gebäude-Herzstück wird dann wieder wie ursprünglich über das erste und zweite Obergeschoß reichen, eine in den 1960ern eingezogene Zwischendecke abgebrochen und historische Wandmalereien freigelegt. BIG
Bereits abgeschlossen ist eine weitere größere Baumaßnahme der BIG an der Medizin-Uni: Um rund 13,7 Mio. Euro wurde ein zuvor leer stehender Trakt neben der Zahnklinik saniert. Dort finden sich nun Studienabteilung, Institutsbüros sowie Backup-Rechenzentrum. BIG
eep Architekten Gangoly Kristiner Architekten
Künftig soll es eine Dauerausstellung zur Geschichte des Hauses und der Wiener Medizinischen Schulen geben sowie zur Medizin in der NS-Zeit, den Sammlungen der Zahnmedizin und aus der Endoskopie. (APA/ red.) > > Mehr Infos unter: www.josephinum.ac.at eep Architekten Gangoly Kristiner Architekten
Josephinum der Medizin-Uni Wien
Kaiser Joseph II. stellte mit der militärisch-chirurgischen Akademie Josephinum einst die Chirurgenausbildung auf neue Beine – unter anderem mit den extrem akkuraten anatomischen Wachsmodellen, die er in Italien anfertigen ließ. Fast alle der 1200 Stück, die in Palisandervitrinen von Maultieren nach Wien transportiert wurden, sind erhalten, so Sammlungsleiterin Christiane Druml. Zudem befinden sich im Fundus der Sammlungen der Medizinuniversität etwa historische Instrumente und Bücher – das älteste ist ein Traktat aus dem Jahr 1478 über die Pest. Wegen des Zustands des Gebäudes seien die Sammlungen zuletzt etwas im Dornröschenschlaf gewesen, sagt Med-Uni-Rektor Müller.
Bis kommenden Februar sind die Ausstellungen noch im derzeitigen Zustand zu besichtigen, danach wird laut BIG-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss bis Frühjahr 2021 renoviert. Die Fassade wurde bereits vorgezogen, folgen sollen nach den Plänen der Architekten EEP und Gangoly & Kristiner der Vorplatz sowie das Haupttor. Die Ausstellungsräume sollen sich künftig über Erdgeschoß und ersten Stock erstrecken. Derzeit zu besichtigen ist neben der Wachsmodellsammlung auch die Ausstellung über die Wiener Medizin in der NS-Zeit.