Ludwig mit deutlicher Mehrheit gewählt: Bürgermeister mit 56 von 99 gültigen Stimmen

Ludwig bei seiner Rede im Wiener Gemeinderat am Donnerstagvormittag.
Ludwig bei seiner Rede im Wiener Gemeinderat am Donnerstagvormittag. APA/GEORG HOCHMUTH
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Die Kür Michael Ludwigs zum Wiener Bürgermeister folgte überraschend deutlich. Zwei Mandatare der Opposition dürften für den Nachfolger Michael Häupl votiert haben. Das schlechteste Ergebnis unter den Stadträten erzielte Peter Hacker.

Nun ist es offiziell: Wien hat einen neuen Bürgermeister. 56 von 99 Gemeinderäten stimmten für Michael Ludwig als neues Stadtoberhaupt. Er ist somit der achte Wiener Bürgermeister seit Beginn der Zweiten Republik. Die Kür folgte überraschend deutlich. Zwei Mandatare der Opposition müssen den Nachfolger Michael Häupls gewählt haben.

Für eine erfolgreiche Wahl Ludwigs war eine einfache Mehrheit nötig. 100 Stimmen wurden abgegeben. 56 votierten für Michael Ludwig, 43 gegen ihn. Eine Stimme war ungültig. Damit hat Michael Ludwig die notwendigen 50 Stimmen für eine positive Wahl erlangt. Zuvor hatten die Klubs von SPÖ und Grünen verkündet, geschlossen für Ludwig zu stimmen.

Anschließend an die Bürgermeisterwahl stimmten die Gemeinderäte auch über die neuen Stadträte ab. Veronica Kaup-Hasler erhielt 63 Stimmen als Kulturstadträtin, Peter Hanke wurde mit 59 Stimmen zum Finanzstadtrat gewählt, Kathrin Gaal bekam 56 Stimmen als Wohnbaustadträtin. Das schlechteste Ergebnis erzielte der frühere Chef des Fond Soziales Wien Peter Hacker mit 54 Stimmen, was exakt der Zahl der rot-grünen Mandatare entspricht. Er hat als einziger keine Stimme der Opposition bekommen haben.

Übrigens, Michael Häupl erhielt 1994 bei seiner ersten Wahl zum Bürgermeister 61 von 99 gültigen Stimmen. Damals wählten - abgesehen von der SPÖ und den Grünen - ebenfalls zwei Mandatare von FPÖ und ÖVP den jungen Michael Häupl. Bei der Wiederwahl 2001 erreichte Häupl 59 Stimmen bei 52 SPÖ-Mandataren. 41 Gemeinderäte gaben damals ungültige Stimmzettel ab. Bei seiner dritten Wahl 2005 erhielt Häupl 64 von 100 abgegebenen Stimmen. 35 Gemeinderatsabgeordnete stimmten gegen ihn, eine Stimme war ungültig.

Antrittsrede schon vor der Wahl

Schon am Donnerstagvormittag erklärte Ludwig sein Programm für Wien. "Wien ist das, was wir daraus machen", so startete Michael Ludwig, Wiens Bürgermeister seine Vorab-Antrittsrede. Darum, sagte er, habe er eigens ersucht. Immerhin sollten sich die Mandatare ein Bild machen können, bevor sie zur Wahl schreiten.

Zunächst dankte er natürlich dem scheidenden Bürgermeister Michael Häupl für dessen Arbeit, die Kooperation und Freundschaft. Und betonte, er kenne dessen Facetten, die mit dem polternden, spritzertrinkenden Fiakerfahrer-Typus, der nun medial oft betont wird, wenig zu tun hätten - Häupls strategische Überlegungen, als es um den EU-Beitritt ging, etwa. Und, er freue sich, dass Häupl sich bereit erklärt habe, seine Kompetenzen der Stadt auch weiter zur Verfügung zu stellen - etwa, wenn es um Forschung, Biotechnologie speziell, geht.

Koalitionsprogramm "auf Punkt und Beistrich" halten

Häupl habe große Vorgaben gemacht, er werde sich bemühen, mit seinen (seinen eigenen, wie er betont) Schuhen weiterzugehen. Die Basis der weiteren Arbeit sei jedenfalls das Koalitionsprogramm, das werde er "auf Punkt und Beistrich" einhalten. Aber das war nicht seine einzige Ankündigung zu Beginn seiner Rede: Seiner Verlobten, Irmtraud Rossgatterer, kündigte Ludwig an, er habe künftig sicher wieder mehr Zeit, und da werde sich dann sicher auch endlich ein Hochzeitstermin finden. Lachen im Saal.

Programmatisch startete Ludwig seine Rede mit seinem bisherigen Ressort (Wohnbau): Floridsdorf, der Bezirk seiner Kindheit, war damals ein Bezirk mit "viel Gegend", heute sei das ein florierender Wohnbezirk, "das ist nicht vom Himmel gefallen", und so solle es künftig möglich sein, Stadt zu gestalten, "Wiener Flair" zu erhalten, und trotzdem Zukunftsakzente zu setzen.

Was macht diesen Flair für ihn aus? Was unterscheidet Wien von anderen Großstädten? Das sei der soziale Zusammenhalt. "Mein Herz schlägt für soziale Gerechtigkeit", da seien auch die Sozialpartner zentral. Und, das sei das Miteinander, der Kompromiss, für den Wien besonders stehe. In Zukunft wolle er jedenfalls zu regelmäßigen Gipfeln der Sozialpartner ins Rathaus einladen.

"Wir haben Großes vor"

"Wir haben Großes vor", sagte Ludwig, auch wenn es um die Erleichterung der Arbeitsbedingungen für Unternehmen geht: Dazu gehören große Unternehmen wie die Märkte. Hier habe er sich einiges vorgenommen.

Zu einem emotionalen Thema, dem Verkehr: Das Miteinander biete schließlich gute Gelegenheiten den "herben Wiener Schmäh" besonders kennenzulernen. Aber, man müsse Klimaziele verfolgen: Bis 2025 sollen jedenfalls 80 Prozent der Wege mit Öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Rad oder zu Fuß erledigt werden, das wolle er mit positiven Anreizen verwirklichen. Ohne denjenigen, die auf ein Auto angewiesen sind, das Leben schwer zu machen. Um den Individualverkehr einzuschränken, soll auch der Busverkehr verbessert werden. Etwa, indem ein "einer Weltstadt würdiger" zentraler Busbahnhof" realisiert wird.

Dass gestern vom Verwaltungsgerichtshof Grünes Licht für den Lobautunnel und die Nordost-Umfahrung gegeben wurde, sei "eine Genugtuung" für ihn. Mit Verkehrslösungen auch für die äußeren Bezirke soll verhindert werden, dass es zu "einem Wien der unterschiedlichen Geschwindigkeiten" kommt.

Ludwig stellt seine "Melange" vor 

Um diese Ziele zu realisieren habe er sich eine "Melange" als Team gesucht: Er würdigte die bisherigen Stadträte, Ulli Sima, Jürgen Czernohorszky. Kathrin Gaal werde seine bisherigen Agenden übernehmen und auch hier für Lebensqualität sorgen. "Eine große Aufgabe unter schwierigen Bedingungen". Veronica Kaup-Hasler, zuständig künftig für Kultur, sei "für viele eine Überraschung". Mit ihr will er sich bemühen, dass Wien auch im Bereich Kultur keine Stadt der zwei Geschwindigkeiten wird.

Peter Hanke stehe für die Basis jeder politischen Handlung, nämlich solide Finanzen. Hanke sei sehr geeignet, "effizient und sparsam" das Budget zu verwalten, aber auch Impulse zu setzen. Und Peter Hacker, der die Gesundheitsversorgung verwalten wird, soll dafür sorgen, dass es auch hier keine zwei Geschwindigkeiten, bzw. zwei Klassen geben soll: Etwa in der Weiterentwicklung des KAV oder wenn das Krankenhaus Nord endlich eröffnet wird.

"Der öffentliche Raum ist für alle da" 

Besonders engagieren wolle er sich beim Thema Sicherheit: Das sei kein "rechtes" oder "linkes" Thema, und er tue das auch nicht mit Ausdrücken wie "subjektivem Sicherheitsgefühl" ab. Sondern, er werde sich dafür einsetzen, dass sich alle Menschen in Wien an eine "gemeinsame Hausordnung" halten. Auch wenn es nicht die alleinige Lösung sei, wolle er sich für mehr Polizisten in Wien einsetzen.

Auch Lösungen wie am Praterstern, ein Alkoholverbot in Verbindung mit der Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen, seien für ihn beispielgebend. "Wenn ich mich entscheiden muss, ob für aggressive Alkoholiker oder für Frauen, die sich nicht sicher fühlen, brauch ich nicht nachdenken". Wiewohl er betonte, wie wichtig die Hilfe für Alkoholkranke sei. Aber: "Der öffentliche Raum ist für alle da, nicht nur für die, die ihn sich verschaffen." Er habe die Aufgabe, sich für die Schwächeren einzusetzen - ob man will oder nicht, das seien oft Frauen und Kinder.

Ludwig will die Stadt zu Dörfern machen

Und noch ein, wie er sagte, kontroversielles Thema, sprach Ludwig an: Er möchte, wie die Steirer oder die Oberösterreicher, stolz auf seine Heimat sein. Das merke man in Wien erst im Ausland. Wie kann man das, die Verortung der Bürger in einem Stadtteil, etwa Aspern, fördern?

Dass das beliebte Wohngegenden werden, sei durch neue Wohnformen wie Baugruppen, eine gemanagte Einkaufsgruppe, den See, und so weiter, gefördert worden. Und, die Leute fühlen sich dort besonders wohl, weil man sich auf der Straße grüßt, weil man sich fühle wie in einem Dorf in der Großstadt. Das sei gut durchdacht und von der Stadt angeleitet gelungen. "Das sollten wir uns anschauen. Wie gelingt es, eine Situation herzustellen, in der die Leute gern miteinander verkehren?" Dazu müsse man sich um Erdgeschosszonen besonders kümmern, etwa in Kooperation mit Ärztekammer oder Wirtschaftskammer.

"Digihauptstadt" Europas

Abschließend sprach Ludwig noch das Thema Religion an: Er arbeite mit allen anerkannten Religionsgemeinschaften zusammen, um in der Seestadt Aspern einen "Campus der Religionen" einzurichten. Um zu zeigen, dass Religionen an einem Strang ziehen können. Und auch die Digitalisierung spricht Ludwig als eine der zentralen Herausforderungen an. Er wolle die Ostregion Österreichs zur "Digihauptstadt" Europas machen.

In diesem Sinne biete er sich als "Gesprächs- und Bündnispartner" an. "Wir wollen mehr von Wien, wir sind hungrig, den Herausforderungen entgegenzutreten". Der Leitsatz sei: Gestalten statt verwalten, verbinden statt spalten."

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