Ulli Sima: Die Verbotsstadträtin

Ob Marktordnung, Alkoholverbot oder Hundeleinenpflicht. Ulli Sima gibt sich kompromisslos.
Ob Marktordnung, Alkoholverbot oder Hundeleinenpflicht. Ulli Sima gibt sich kompromisslos.(c) Clemens Fabry
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Mit ihrer Ankündigung, das Essen in der U6 zu verbieten, pflegt Ulli Sima ihr Image als durchgreifende Macherin. Sie wird zunehmend zu Michael Ludwigs Stadträtin fürs Grobe.

Wien. Ab September wird es in der U-Bahnlinie U6 verboten sein, stark riechende Speisen wie etwa Leberkäse, Kebab, Pizza, Käsekrainer oder Nudelgerichte zu konsumieren. Das Pilotprojekt werde notwendig, nachdem man „mit Appellen nicht weitergekommen“ sei, teilte die zuständige Umwelt- und Infrastrukturstadträtin Ulli Sima (SPÖ) am Samstag mit. „Daher werden wir nun erstmals den Schritt eines Verbots gehen, wie es in anderen Städten schon länger Praxis ist.“

In einem ersten Schritt wird breit informiert und beobachtet, wie die Fahrgäste mit der Regelung umgehen. Die Wiener Linien bereiten schon eine Informationskampagne für den Herbst vor, die von Durchsagen in den U6-Stationen über Infoplakate in und auf den Zügen sowie Informationen durch Servicemitarbeiter und Securitys bis hin zu Einblenden der Botschaft auf den Abfahrts-Anzeigetafeln am Bahnsteig reichen.

Praterstern und Beißkorb

Das Essensverbot in der U6 ist nur das jüngste Beispiel einer Reihe von prohibitiven Maßnahmen Simas, die in den vergangenen Monaten zunehmend zu Bürgermeister Michael Ludwigs (SPÖ) Stadträtin fürs Grobe wurde. Diese (nicht ganz) neue Rolle zeigte sich besonders deutlich beim Alkoholverbot am Praterstern, das auf Ludwigs Wunsch hin von Sima öffentlichkeitswirksam eingeführt wurde und seit Ende April gilt. Auf den unmittelbar an den Bahnhof angrenzenden Flächen ist seither das Trinken alkoholischer Getränke nicht mehr erlaubt. Der Bann wird mindestens ein Jahr lang gelten, erst dann wird evaluiert.

Der Praterstern werde täglich von 150.000 Menschen frequentiert, rechtfertigte Sima das Alkoholverbot damals. Auch „Menschen ohne Beförderungsabsicht“ seien dort zu finden, die von Sozialarbeitern intensiv betreut worden seien. „Aber jetzt ist der Punkt erreicht, wo wir erkennen müssen, dass es zusätzliche Maßnahmen braucht.“ Der Bevölkerung solle der Reiseknotenpunkt wieder zurückgegeben, das subjektive Sicherheitsgefühl erhöht werden.

Knapp zwei Wochen nach dieser Entscheidung nahm Sima Wiens Hundehalter in die Pflicht. Mit Mitte Mai startete die Wiener Polizei gemeinsam mit dem Veterinäramt (MA 60) eine zweiwöchige Schwerpunktaktion in Sachen Hundehaltung. Bei den Überprüfungen steht die Einhaltung der Leinen- bzw. Beißkorbpflicht im Mittelpunkt, aber auch die Einhaltung der Chippflicht wird kontrolliert. Im Frühling müsse man die Hundebesitzer an ihre Pflichten erinnern, sagte Sima, die auch für den Tierschutz zuständig ist. „Nach dem Winter ist wieder ein bisschen der Schlendrian drinnen.“ In Wien müssen Hunde an öffentlichen Orten einen um den Fang geschlossenen Maulkorb tragen oder an der Leine geführt werden.

Einschränkungen beim Wettengesetz

Bereits im März dieses Jahres nahm Sima weitere Einschränkungen beim Wettengesetz vor, das schon 2016 massiv verschärft worden war. Damals wurden die Strafen erhöht, der Jugendschutz verstärkt und Livewetten eingeschränkt. Seit März werden die Auflagen ausgeweitet und mögliche Umgehungskonzepte ins Visier genommen. Sima: „Wir gehen unseren erfolgreichen Weg im Kampf gegen illegale Wetten konsequent weiter, um den Jugend- und Spielerschutz in der Stadt noch weiter zu erhöhen.“

Bei Wetteinsätzen ab 1000 Euro und Gewinnen ab 2000 Euro sind seither die Identität der Person sowie Höhe von Einsatz und Gewinn im Wettbuch festzuhalten. Auch müssen die Unternehmen Kontrollen durchführen, um zum Beispiel das Risiko von Geldwäsche oder Terrorfinanzierung zu minimieren. Zudem müssen sogar Lokale, die aussehen wie ein Wettbüro oder Wettlokal, ebenfalls bewilligt werden – auch wenn dort gar nicht gewettet werden kann.

Dass sie streitbar ist und einen langen Atem haben kann, wenn sie ein Projekt durchsetzen will, bewies Sima im Übrigen schon lang vor Michael Ludwigs Wahl zum Bürgermeister. Bestes Beispiel dafür ist die Neugestaltung der Copa Cagrana (mittlerweile Copa Beach), die derzeit immer noch im Gange ist. Um den Vorpächter Norbert Weber loszuwerden, prozessierte sie nicht weniger als fünf Jahre gegen ihn. Öffentliche Schuldzuweisungen und eine Zwangsräumung inklusive. Ihre Räumungsklage ging vor zwei Jahren erst in letzter Instanz durch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2018)

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