Prozess gegen Ex-Grüne Sigrid Maurer auf Oktober vertagt

GERICHTSVERHANDLUNG WEGEN UeBLER NACHREDE: MAURER / WINDHAGER
GERICHTSVERHANDLUNG WEGEN UeBLER NACHREDE: MAURER / WINDHAGERAPA/HANS PUNZ
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Weil sich die ehemalige Politikerin gegen Belästigung wehrte, musste sie wegen übler Nachrede und Kreditschädigung vor Gericht. Sie bekannte sich nicht schuldig. Der Prozess wurde auf 9. Oktober vertagt.

Die ehemalige Grüne Abgeordnete Sigrid Maurer musste sich heute, Dienstag, nach einer Privatklage vor dem Wiener Straflandesgericht verantworten. Sie soll einen Bierlokalbesitzer beschuldigt haben, ihr obszöne Nachrichten geschrieben zu haben. Der Mann hat wegen übler Nachrede und Kreditschädigung geklagt. Sigrid Maurer bekannte sich zu Beginn des Prozesses nicht schuldig.

Der Prozess wurde zwecks Zeugenladung auf 9. Oktober vertagt. Zudem muss der Privatankläger einen Einzelgesprächsnachweis des Handys seiner Lebensgefährtin vorweisen, um zu beweisen, dass er zum Zeitpunkt, als die obszönen Nachrichten an Maurer verschickt worden sind, gerade telefoniert hat.

Am 30. Mai veröffentlichte Maurer über Facebook und Twitter, dass sie tags zuvor von einem Besitzer eines Craft Beer-Geschäftes über den Facebook-Nachrichtendienst Messenger obszöne Nachrichten bekommen habe. "Gestern hat er mich da blöd angeredet und mir diese Nachrichten geschickt", berichtete Maurer und veröffentlichte einen Screenshot der Botschaft mit eindeutig sexuell anzüglichen Inhalten. Der Lokalbesitzer distanzierte sich daraufhin, der Verfasser der Nachrichten zu sein, und klagte Maurer.

Der Geschäftsbetreiber will für den durch die Anschuldigungen entstandenen materiellen Schaden 20.000 Euro, für die erlittene Kränkung begehrt er eine Entschädigung in der Höhe von 40.000 Euro.

Vor Lokal belästigt

Maurer, die in der Nähe des Geschäftes wohnt, muss an dem Lokal oft vorbei, um in die Arbeit zu gehen. Laut ihrer Anwältin Maria Windhager würden dort auf dem sehr engen Gehsteig immer wieder Männer stehen, an denen sie vorbei müsse. Die ehemalige Politikerin sei dort begafft, blöd angeschaut und angeredet worden. "Sie sagten: 'He, da drinnen wird grad' ein Pool gebaut'", sagte Maurer bei ihrer Befragung durch Richter Stefan Apostol. Auf die Antwort: "Was geht mich das an?", meinte einer der Männer laut Maurer: "Ja, dann kannst du dort schwimmen im Bikini."

Als sie im Büro ankam, sah sie zwei obszöne Nachrichten, die über den Messenger-Dienst des Facebook-Accounts des Biergeschäftes abgeschickt worden waren. Darin stand eingangs: "Hallo, du bist heute bei mir beim Geschäft vorbeigegangen und hast meinen Schwanz angeguckt als wolltest du ihn essen." Nach zwölf Minuten eine weitere Nachricht, in der Maurer als "dreckige kleine Bitch" bezeichnet wurde.

"Wir leben im Jahr 2018"

Sie sei bis heute zu 100 Prozent davon überzeugt, dass der Lokalbesitzer ihr die osbzönen Nachrichten geschrieben habe. "Ich hatte keine andere Möglichkeit mich zu wehren", erklärte sie dem Richter. Bereuen würde sie die Veröffentlichung der Nachrichten nicht. "Ich wollte mir das nicht gefallen lassen". Auch wenn sie es heute nicht mehr genauso machen würde, "gegen Einschüchterungsversuche und Bedrängungsversuche würde ich mich trotzdem wehren. Wir leben im Jahr 2018", erklärte Maurer.

"Täter-Opfer-Umkehr"

Ihre Mandantin sei eine engagierte Feministin, die heikle Themen anspreche. In dieser Eigenschaft habe sie diesen mutigen Schritt gewagt und habe die Nachricht veröffentlicht, betonte Maurers Anwältin Maria Windhager. Der Prozess nun sei ein "einzigartiger Fall von Täter-Opfer-Umkehr".

Im Prozess festgestellt werden soll nun, ob der Kläger die Nachrichten an Maurer tatsächlich geschrieben hat oder nicht. Bei seiner Befragung durch den Richter beteuerte dieser, die Nachrichten an Sigrid Maurer nicht selbst geschrieben zu haben. Er selbst sei zum Zeitpunkt, als die Nachrichten geschrieben wurden, nicht in seinem Geschäft gewesen. "Ich habe immer gesagt, dass es ein Gast gewesen sein muss", sagt der Kläger.

Während des Prozesses berichtete er nun auch von einem "älteren Herren mit schütterem Haar", der Kunden bedient hätte, wie ihm eine Frau berichtete. Er würde bis zu 15 Mal am Tag sein Geschäft verlassen, um etwa ins Lager oder zum nahe gelegenen Supermarkt zu gehen. "Was hat der Mann dort gemacht", fragte Richter Apostol. "Das frag' ich mich auch." Der Richter: "Dann müsste der ominöse Glatzkopf zwölf Minuten in dem Geschäft gewesen sein." Denn dies sei die Zeitspanne zwischen den beiden Nachrichten.

"Was haben Sie in Deutsch gehabt?"

Auch auf die fehlerhafte Interpunktion in den Postings und Nachrichten wurde der 40-Jährige angesprochen. "Was haben Sie in Deutsch gehabt? Wo haben Sie Interpunktion gelernt?", fragte Apostol. "Was ist das?", wollte der Lokalinhaber wissen. "Das ist das, was Sie nicht können", meinte der Richter. Apostol machte den 40-Jährigen darauf aufmerksam, dass er unter Wahrheitspflicht stehe und wenn es zu weit geht, "könnte ich Sie heute direkt verhaften". Für falsche Beweisaussage würden dem Mann bis zu drei Jahren Haft drohen.

Der Richter verlangte von dem Privatankläger, die Abrechnungen des Umsatzes in seinem Geschäft aus den Monaten nach dem Vorfall herbeizuschaffen, um zu beweisen, dass er eine Erwerbsminderung erlitten hatte, die die verlangten 20.000 Euro rechtfertigen würden. "Wenn Sie 20.000 Euro angeben und das nicht stimmt, kommt man auch ganz schnell in die Straffälligkeit", meinte Apostol. Der Unternehmer gab an, dass er expandieren wollte, aber im Sommer zwei Franchisepartner abgesprungen sind.

Andere Zeugin bereits beleidigt

Der Lokalbesitzer will auch nicht einer der Männer gewesen sein, die vor an dem besagten Tag vor dem Lokal standen. Sie sollen Maurer auf der Straße belästigt haben, kurz bevor sie die Nachrichten geschickt bekam. Nach dem Kläger wird eine Zeugin befragt, die in der Nähe wohnt. Sie  berichtet, dass häufig Männer vor dem Lokal stünden, die auch sie selbst bereits sexistisch beleidigt haben.

Weitere Zeugen sind ein mit dem Kläger bekannter Bierbrauer, der an dem gleichen Tag in dem Geschäft war, sowie die Ehefrau des Klägers. Die beiden werden befragt, um herauszufinden, ob der Lokalbesitzer die Nachrichten geschrieben haben könnte.

(APA/twi)

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