„Unsere einzige Hoffnung“: Eltern von kranken Kindern starten Forschungsprojekt

Boris Marte
Boris MarteStanislav Kogiku
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Boris Martes Kinder leiden an einer seltenen Erbkrankheit. Mit Hilfe von Spenden will er die Forschung nun selbst in die Hand nehmen.

Nicht wenige Medikamente, die sich heute in Hunderttausenden Hausapotheken auf der ganzen Welt befinden, sind dem persönlichen Einsatz von Menschen mit kranken Angehörigen zu verdanken. Menschen, die irgendwann keine andere Möglichkeit mehr sahen, als die Behandlung und Heilung ihrer Kinder, Eltern oder Geschwister selbst in die Hand zu nehmen – dann nämlich, wenn diese an Krankheiten litten, die so selten sind, dass kein Unternehmen nach einem Heilmittel bzw. einer Behandlungsmethode forschte. Schließlich wäre mit einem Medikament kein Geld zu verdienen gewesen.

„Die Nebenwirkungen wollen Sie nicht kennen"

In einer solchen Situation befinden sich auch Boris Marte und seine Frau Marianne aus Wien. Ihre beiden Kinder Luis (7) und Josefine (6) leiden an der Diamond-Blackfan-Anämie (DBA), einer genetisch bedingten seltenen Blutarmut (Anämie), die bei rund sieben Menschen pro Million gesund geborener Kinder vorkommt und für gewöhnlich bereits im ersten Jahr auftritt – mit einer normalen Lebenserwartung ist für die Betroffenen nicht zu rechnen. Da sie keine roten Blutkörperchen produzieren können, sind sie alle drei Wochen von Bluttransfusionen abhängig. Mit den Transfusionen verbunden ist eine Eisenüberladung, die vor allem Organe wie etwa das Herz, die Leber und die Bauchspeicheldrüse angreift und die tägliche Einnahme von Medikamenten erfordert. „Die Nebenwirkungen dieser Medikamente wollen Sie nicht kennen“, sagt Boris Marte, der selbst – ebenso wie seine Mutter – die genetische Veranlagung für DBA hat.

Günstige Voraussetzungen

Aber weder bei ihm noch bei seiner mittlerweile verstorbenen Mutter ist die Krankheit ausgebrochen. Warum dieser Gendefekt bei manchen Menschen zur Erkrankung führt und bei anderen nicht, ist bisher unbekannt und Gegenstand der Forschung, die Marte privat zu finanzieren versucht und dafür das Projekt „DBA-Experiment“ (www.dbaexperiment.org) ins Leben gerufen hat. „Die DBA-Forschung steckt in den Kinderschuhen, daher sind wir an Josef Penninger, dem Gründungsdirektor des IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie, herangetreten“, sagt Marte. „Er wurde sofort aktiv und stellte ein junges engagiertes Team zusammen, um einige Fragen zu definieren, die durch unser Projekt beantwortet werden sollen.“ Die Voraussetzungen seien günstig, da Erbmaterial von drei Generationen zur Verfügung steht – selbst aus dem zehn Jahre alten Blut seiner verstorbenen Mutter konnten Stammzellen extrahiert werden, „was“, so Marte, „einer mittleren Sensation entspricht.“

Da es sich dabei um Grundlagenforschung handelt, für die es weder öffentliche Mittel noch Unterstützung seitens Pharmaunternehmen gibt, muss sie in den ersten drei Jahren im Wesentlichen privat finanziert werden. Marte braucht für das auf drei Jahre angesetzte Projekt insgesamt 630.000 Euro.

Um Bewusstsein für DBA zu schaffen und Geld zu sammeln, findet am 15. November in den Wiener Sofiensälen ein Fundraising-Dinner statt. Zu den Hauptsponsoren gehören die Privatbank LGT und die Uniqa-Versicherung. Ein Tisch für zehn Personen kostet 6000 Euro. Durch den Abend führt der Schauspieler Harald Krassnitzer, für die musikalische Unterhaltung sorgt die aus Algerien stammende Sängerin Aziza Brahim.

Hilfe für Tausende Familien

„Jeder, der bei diesem Dinner einen Tisch kauft, ist uns natürlich eine große Hilfe”, sagt Marte. „Und auf diese Hilfe sind wir angewiesen.“ Der Schritt in die Öffentlichkeit sei für ihn und seine Frau kein leichter gewesen. „Uns ist aber bewusst, dass die Forschung unsere einzige Hoffnung ist, dass es unseren Kindern irgendwann einmal besser geht. Und wenn das Forschungsteam tatsächlich etwas herausfinden sollte, wäre nicht nur uns, sondern auch Tausenden anderen Menschen geholfen.“

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