''Baldur von Schirach in Wien''

Die Original-Artikel der "Neuen Freien Presse" vom Montag, 14. März 1938.

Die amtliche Nachrichtenstelle meldet: Reichsjugendführer Baldur v. Schirach kam gestern in Wien an. Auf den Bahnhöfen zwischen Linz und Wien war die Hitler-Jugend angetreten, um ihn zu begrüßen. Auf dem Wiener Westbahnhofe meldete der Führer des Gebietes Oesterreich unter unendlichem Jubel seiner jungen Kameraden und Kameradinnen, 2600 Hitlerjungen sowie 1400 Hitlermädel, die in mustergültiger Disziplin mit ihren Fahnen angetreten waren. Obschon keine Nachrichtenmittel eingesetzt werden konnten, war die Hitler-Jugend, verstörkt durch einige Formationen aus Niederösterreich, seit den frühen Morgenstunden in dieser Stärke angetreten.Ansprache des Reichsjugendführers

Schirach richtete, fortwährend vom Jubel seiner Kameraden unterbrochen, auf dem Platz vor dem Westbahnhofe eine kurze Ansprache an die Wiener Hitler-Jugend: „In langen Jahren habt ihr eure Treue zu Deutschland erprobt und hab am Nationalsozialismus festgehalten. Die schwere Zeit habt ihr an den Führer und Deutschland geglaubt und wir an euch! Jugend Deutsch-Oesterreichs! Ich überbringe euch die Grüße von sieben Millionen Jungen und Mädels, die Adolf Hitler gehören und die euch durch mich ihr Glück und ihre Freude über eure Tapferkeit übermitteln. Keine Klasse, kein Stand und keine Konfession zerreißt mehr Deutschösterreichs deutsches Jungvolk. In der kommenden Zeit gilt es, die ganze deutsche Jugend auf das Werk des Führers auszurichten und in den jungen Kameraden, die jetzt in eure Reihen eintreten werden, jene Ideale und jene Treue zu verwurzeln, die ihr Deutsch-Oesterreich und dem ganzen deutschen Volk in einer furchtbaren und harten Zeit vorgelebt habt." Mit einem nicht endenwollenden „Sieg-Heil!" auf den Führer wurde die erste große Kundgebung der nationalsozialistischen Jugendbewegung Oesterreichs nach dem Umsturz beendet.

Baldur von Schirach begab sich sofort zu der ehemaligen Landesjugendführung des österreichischen Jungvolks Am Hof und gab in seiner Eigenschaft als Reichsjugendführer der NSDAP, dem Führer des Gebietes Oesterreich, Bannführer Schoas, sowie seinen Mitarbeitern die ersten Anweisungen, um die überall der Hitler-Jugend zuströmenden Jugendlichen zu erfassen. Mit dem Reichsjugendführer sind in Wien eingetroffen: Sein Stellvertreter Stabsführer Lauterbacher und der Chef des Genz- und Auslandamtes Hauptbannführer Stadler, die beide Oesterreicher und Träger des goldenen Parteiabzeichens der NSDAP sind. Ferner befinden sich in Begleitung von Baldur v. Schirachs Obergebietsführer Rodatz, Gebietsführer Müller und Oberbannführer Kaufmann.

Kranzniederlegung

Im Ehrenraum des Heldendenkmals legte abends Baldur v. Schirach einen Kranz zu Ehren der Gefallenen des großen Weltkrieges und der nationalsozialistischen Bewegung nieder. Während der feierlichen Minuten erklang draußen auf dem großen Heldenplatz von Wien aus 40.000 jungen Kehlen „Ich hatt' einen Kameraden".

Baldur v. Schirach sagte in seiner Ansprache: Oft habe ich das Wort ergriffen und zum erstenmal fällt es mir schwer, auszudrücken, was mich bewegt. Was wir an diesem Tage erleben, dürfte so gewaltig sein, daß ein Mensch es nicht auszudrücken vermag. Am heutigen Tag hat die Bundesregierung ein Gesetz beschlossen, nach dem Oesterreich ein Land des Deutschen Reiches ist (orkanartiger Jubel). Tief ergriffen danke ich in diesem Augenblick dem Schicksal, als der vom Führer eingesetzte Jugendführer des Deutschen Reiches nunmehr auch Euer Jugendführer zu sein. Von diesem Tage ab gibt es kein österreichisches Jungvolk mehr. Sodann gab er die Bildung des

Obergebietes Oesterreich der HJ

bekannt. Ich übergebe hiemit die Karl-Thomas-Blutfahne dem Banne Wiener-Neustadt der HJ, dem ich gleichzeitig den Namen des gefallenen Unterbannführers der österreichischen HJ Karl Thomas verleihe. Ihr habt nun mehr die Zeichen wiedererhalten, die euch als Symbol der unzertrennbaren Einheit des Reiches voranflatterten. Seit heute gibt es nichts mehr, was uns trennt, und die Zollhäuser, die an den Grenzen Oesterreichs und Bayerns stehen, werden zu Heimen und Herbergen der HJ erklärt.

Die Jugend des Deutschen Reiches hat eine schwere Zeit durchgelitten. Sie hat 21 Blutopfer für dieses neue Reich geopfert, sie umfaßt heute die gesamte junge Generation Deutschlands und sie hat unbeugsam den Gedanken ihrer Totalität über Klassen und Stände hinweg zu einer großen gewaltigen Körperschaft verschmolzen. Diesem Beispiel habt Ihr nun zu folgen. Und ich will dem Führer mein Wort dafür verpfänden, daß Generation für Generation für dieses gemeinsame Deutsche Reich erzogen wird. Gott hat Oesterreich, seit Schuschnigg gegangen ist, vor aller Welt sichtbar gesegnet und heute empfinden wir stärker denn je zuvor die Gnade des Allmächtigen, die uns unser Führer sandte, damit wie eins sein können vor aller Welt.

Das Sieg-Heil auf den Führer wollte kein Ende nehmen. Das Weinen vieler Menschen, die dieser Kundgebung beiwohnten, ging in Jubel und in der Begeisterung der Jugend von Wien und Niederösterreich unter.

Im Anschluß an die Kundgebung nahm Reichsjugendführer Baldur v. Schirach und der Führer der österreichischen Nationalsozialisten Major Clausner den Vorbeimarsch der Jugend ab.


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