Rumänien: Referendum über Zukunft Basescus

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Auch nach der Volksabstimmung über die Absetzung des Staatschefs am Sonntag ist ein Ende des Machtkampfs mit Premier Victor Ponta nicht in Sicht.

Belgrad/Bukarest. Vor der Entscheidungsschlacht mobilisierten die Rivalen in Rumäniens erbittertem Machtkampf noch einmal ihre Hilfstruppen. „Nieder mit Basescu!“, skandierten zehntausende Anhänger des sozialliberalen Regierungsbündnisses USL auf ihrer Abschlusskundgebung auf dem Bukarester Siegesplatz. Wenige Kilometer entfernt versammelten sich kurz vor dem morgigen Volksentscheid über die Absetzung des suspendierten Staatschef Traian Basescu dessen Anhänger auf dem Bukarester Revolutionsplatz. „Wir gehen nicht wählen!“, riefen die weiß gekleideten Sympathisanten der konservativen Oppositionspartei PD-L in Sprechchören ihre Landsleute zum Wahlboykott auf.

Kaum eine Wahl hat die Rumänen seit dem Sturz von Ex-Diktator Nicolae Ceauşescu so polarisiert wie das für Sonntag geplante Referendum: An Rumäniens schillernden Landesvater scheiden sich die Geister. Seine Gegner werfen dem seit acht Jahren amtierenden Präsidenten feudalen Führungsstil und die verfassungswidrige Überschreitung seiner Kompetenzen vor. Seine Anhänger preisen ihn als den Garanten einer unabhängigen Justiz. Nur mit Verfassungsverstößen habe der sozialdemokratische Premier Victor Ponta den Weg für den Volksentscheid geebnet.

Mahnungen aus Brüssel

Seit Ponta Anfang Mai mithilfe eines Misstrauensvotums auf die Regierungsbank gerutscht war, machte er sich mit allen Mitteln und unzähligen Notdekreten daran, seinen lästigen Rivalen aus dem Amt zu hebeln. Doch die Reaktionen der EU-Partner auf seine verfassungsrechtlich fragwürdigen Manöver hatte der forsche Jungpremier unterschätzt. In Brüssel und den EU-Hauptstädten wurde er gemahnt, die Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz zu respektieren. Von der EU zurückgepfiffen erklärte sich der 39-Jährige schließlich bereit, die Vorgabe des Verfassungsgerichts zu achten: Nur wenn sich mindestens die Hälfte der 18,3 Millionen Wahlberechtigten zu den Urnen aufmacht, soll das Ergebnis gültig sein.

Viele Rumänen würden den unpopulären Landesvater zwar lieber heute als morgen frühzeitig aufs Altenteil schicken. Doch obwohl der Basescu bei der Abstimmung eine Niederlage zu befürchten hat, könnte der mutmaßliche Wahlverlierer als strahlender Gewinner hervorgehen: Denn ohne die zum Boykott entschlossenen PD-L-Anhänger ist die erforderliche Mindestwahlbeteiligung kaum zu erreichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2012)

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