Nicht einmal jeder dritte ägyptische Wahlberechtigte nahm am Referendum teil. Die Wahlbeteiligung lag im ganzen Land bei schlappen 32 Prozent.
Kairo/Gaw. Der ägyptische Verfassungsentwurf ist nach inoffiziellen Angaben in einem Referendum von 64 Prozent der Teilnehmer angenommen worden; 34 Prozent haben gegen die neue Verfassung gestimmt. Die Wahlbeteiligung lag im ganzen Land bei schlappen 32 Prozent.
Erwartungsgemäß fiel am Samstag, in der zweiten Runde des Referendums, in der vor allem in ländlichen Regionen abgestimmt wurde, die Zustimmung zu dem Entwurf deutlicher aus: 71 Prozent stimmten für die Verfassung. In der ersten Runde, als vor allem in Städten abgestimmt wurde, lag die Zustimmung bei 56 Prozent. Opposition und Menschenrechtsgruppen haben zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung aufgedeckt und angezeigt. Die Frage ist, ob diese das relativ eindeutige Ergebnis noch entscheidend verändern könnten.
Vizepräsident zurückgetreten
Werden die Zahlen von der obersten Wahlkommission offiziell bestätigt, gilt der vorwiegend von Islamisten geschriebene umstrittene Entwurf als erste ägyptische Verfassung der Nach-Mubarak-Zeit. Die Opposition leckt ihre Wunden, gibt sich aber zuversichtlich. „Wir haben bewiesen, dass wir ungefähr die Hälfte der Bevölkerung hinter uns haben, die das alles nicht gut findet. Darauf können wir aufbauen“, sagt Khaled Daoud, Sprecher der Nationalen Rettungsfront.
Am Wochenende hat Vizepräsident Mahmud Mekki seinen Rücktritt erklärt. Mekki, der hohes Ansehen genießt, weil er zu Mubaraks Zeiten einen Aufstand der Richter für die Unabhängigkeit der Justiz angeführt hatte, galt als das liberale Gesicht rund um Präsident Mohammed Mursi.
Mekki hatte sich öffentlich darüber beschwert, im Zusammenhang mit dem Verfassungsentwurf nie von Mursi konsultiert worden zu sein. Auch der Chef der ägyptischen Zentralbank, Farouk El-Oqda, erklärte am Wochenende seinen Rücktritt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2012)