Putin-Gegner wohl nicht Opfer eines Verbrechens

Selbstmord oder Vergiftung PutinGegner
Selbstmord oder Vergiftung PutinGegner(c) AP (GATIS DIEZINS)
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Die Leiche des Oligarchen Beresowski wurde in seinem Haus entdeckt. Sie habe nichts, was auf eine Beteiligung Dritter hindeutet, sagt die Polizei.

Der russische Oligarch Boris Beresowski ist am Samstag auf seinem Anwesen in Ascot nahe London tot aufgefunden worden. Die britische Polizei erklärte, der Oligarch ist nach ersten Erkenntnissen nicht Opfer eines Verbrechens geworden. "Wir haben nichts, was nach derzeitigem Stand darauf hindeutet, dass Dritte beteiligt waren", sagte Chief Inspector Kevin Brown von der ermittelnden Thames Valley Police am Sonntag. Beresowski lebte seit dem Jahr 2000 in Großbritannien im Exil und zählte zu den prominentesten Kritikern des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Über die Todesursache gab es zuvor widersprüchliche Angaben. "Ich habe aus London einen Anruf erhalten, in dem mir gesagt wurde, dass Beresowski sich umgebracht hat", sagte Beresowskis Anwalt Alexander Dobrowinski dem Sender Rossia 24, ohne zu erläutern, wer ihn aus London anrief. Beresowski sei zuletzt in einem "furchtbaren Zustand" und "völlig überschuldet" gewesen, sagte Dobrowinski. Er habe seine Kunstschätze und andere Dinge verkaufen müssen.

"Mein Leben hat keinen Sinn mehr" 

Auch ein - wenige Stunden vor seinem Tod - im russischen Magazin "Forbes" veröffentlichtes Gespräch lässt auf einen eher depressiven Zustand schließen. Darin sagte der Kremlkritiker und Intimfeind des russischen Präsidenten Wladimir Putin: "Mein Leben hat keinen Sinn mehr. Ich habe keine Lust Politik zu machen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin 67 Jahre alt. Und ich weiß nicht, was ich in Zukunft machen soll."

Beresowskis Freund Demian Kudriawzew widersprach der Darstellung eines angeblichen Suizides: "Das weiß keiner, es gibt keine äußeren Zeichen für Selbstmord."

Gemunkelt wird auch über eine mögliche Vergiftung des schwerreichen Russen. Gift-Experten der britischen Polizei haben am Sonntag im Haus Beresowskis nach eigenen Angaben jedoch "nichts Beunruhigendes" gefunden. Die auf chemische, biologische und radioaktive Stoffe spezialisierten Kriminaltechniker hätten "nichts Verdächtiges" im Haus entdeckt, daher "führen wir jetzt die üblichen Ermittlungen durch", erklärte die zuständige Thames Valley Police.

Beresowski war mit dem ebenfalls im britischen Exil lebenden Kremlgegner und ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Alexander Litwinenko befreundet. Litwinenko war 2006 an einer Vergiftung mit der radioaktiven Substanz Polonium 210 gestorben, nachdem er in einem Londoner Hotel mit einem russischen Agenten und einem Geschäftsmann Tee getrunken hatte. Im Dezember teilte die britische Justiz mit, die Behörden hätten ausreichend Beweise für eine Verwicklung Russlands in den Gifttod des Ex-Agenten.

"Tod als ungeklärt betrachtet"

Den Tod bekanntgegeben hatte am Samstag der Sprecher Beresowskis in Großbritannien, Tim Bell. "Sein Tod wird derzeit als ungeklärt betrachtet und eine vollständige Untersuchung ist angelaufen", erklärte die Polizei. Sie sei um 15.18 Uhr Ortszeit (16.18 Uhr MEZ) von einer "besorgten" Person angerufen. worden

Die russischen Behörden warfen Beresowski im vergangenen Jahr Anstiftung zu Unruhen vor, nachdem er dazu aufgerufen habe, die Rückkehr Putins in den Kreml zu verhindern. Beresowski habe die russischen Bürger öffentlich zu "massiven Störungen" aufgefordert, die von Gewalt begleitet gewesen seien. Damit habe er auf "illegale" Weise versucht, die Vereidigung Putins zum Präsidenten zu verhindern.

Bitte um Vergebung an Putin

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Samstag, der Oligarch habe Putin vor etwa zwei Wochen in einem handschriftlichen Brief um "Vergebung" für seine "zahlreichen Fehler" gebeten. In dem Brief habe Beresowski Putin auch um Hilfe gebeten, damit er nach Russland zurückkehren könne.

Beresowski wurde am 23. Jänner 1946 in Moskau geboren. In der Zeit des Niedergangs der Sowjetunion verdiente er mit Autoverkäufen seine ersten Millionen. Später erzielte er immer größere Gewinne mit Finanzbeteiligungen an Unternehmen, unter anderem im Energiesektor. Als Putin im Jahr 2000 erstmals an die Macht gelangte, kündigte er an, der Ära der Finanz-Oligarchen ein Ende zu setzen.

(APA/AFP)

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