„Heuer marschiere ich auf N'Djamena“

Mohammad Abu Baker Mustafa, im Exil in Syrien lebender tschadischer Rebellen- und Stammesführer, will die Franzosen aus dem Land werfen.

Die Presse: Was wollen Sie mit Ihrem Widerstand gegen die Regierung in N'Djamena erreichen?

Mohammad Abu Baker Mustafa: Der Tschad wurde trotz der Unabhängigkeit 1960 nicht wirklich unabhängig. Wir aber wollten wahre Unabhängigkeit von Frankreich. Wir wollten unsere Bodenschätze nutzen, wie wir es für richtig halten. Einige sagen, dass der Tschad auf einem Ölsee schwimme, dass wir Ölreserven in ähnlicher Größe wie Saudiarabien besitzen. Wir (die Rebellen der Nationalen Befreiungsfront des Tschad FROLINAT, Anm.) kämpften daher schon seit 1963 gegen den von den Franzosen installierten Präsidenten François Tombalbaye. Dieser war aus dem christlichen Süden und hatte geschworen, die Moslems des Nordens als Sklaven zu verkaufen, wie es die muslimischen Händler vor hunderten Jahren mit den Christen getan hatten. Wir wollten, dass die Franzosen und ihre Freunde das Land verlassen.

Wieso sind Sie gegen die Franzosen?

Abu Baker: Nach der Schlacht von Kousséri (April 1900) besetzten die Franzosen den Tschad. Unsere Widerstandsführer sagen, dass unser Land auch heute noch von ihnen besetzt ist, obwohl es im August 1960 unabhängig wurde.

Wie ist die Situation Ihrer Streitkräfte im Tschad?

Abu Baker: Unsere Truppen im Norden sind in einer sehr guten Lage. Letztes Jahr hatten wir eine der größten Städte umzingelt. Unsere jungen Kämpfer sind erfahrener und besser bewaffnet als früher. Wir können die Bomber der Franzosen und die Helikopter von Präsident Déby bekämpfen. Den Kämpfern, die 2006 N'Djamena vom Sudan aus angriffen, fehlte noch die Erfahrung und die Bewaffnung: Die Franzosen flogen starke Truppeneinheiten zur Unterstützung ihrer Marionette Déby ein. Sie griffen unsere schlecht ausgerüsteten Kämpfer mit Jagdbombern an und besiegten sie vor den Toren der Hauptstadt.

Es gibt Berichte über geheimnisvolle französische Armeecamps nahe N'Djamena. Frankreich hat eine ganze Bomberstaffel auf mehrere Pisten im Tschad verteilt, sodass sie behaupten können, es seien nur zwei oder drei Jets da. Jede Nacht transportieren Hubschrauber französische Truppen und Soldaten Débys. Manche fliegen mit geheimer Fracht zu unbekannten Zielen; man sagt, das hänge mit den Uranvorkommen im Tschad zusammen. Unser Kampf geht jedenfalls weiter, bis die Franzosen und andere Ausländer den Tschad verlassen haben.

Was würden Sie tun, wenn Sie in den Tschad zurückgingen? Was ist Ihre Vision für die Zukunft?

Abu Baker: Ich will einen unabhängigen, sicheren und stabilen Tschad ohne fremde Beeinflussung. Ich habe dort noch eine große Herde und möchte mich um sie kümmern. Ich habe dort auch eine große Familie und ein großes Dorf. Goukouni Oueddei (im Exil befindlicher Ex-Präsident des Tschad und Verbündeter von Abu Bakr, Anm.) rät uns, das Gepäck für die Rückkehr in den Tschad stets bereit zu haben. Und ich glaube, dass ich noch heuer mit unseren Truppen auf N'Djamena marschieren werde.

Ausländische Experten sagen, dass die Geschichte des Tschad mit Bürgerkriegen, Putschen und Militärinterventionen von außen hauptsächlich in den Spannungen zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden wurzeln.

Abu Baker: Ich führe alle unsere Probleme auf die Anwesenheit der Franzosen zurück. Kein Regime in N'Djamena kann ohne aktive französische Hilfe überleben.

Tom Cooper ist Militär- und Luftfahrtjournalist und Korrespondent für Fachmagazine wie „Osprey“. Er verfasste Publikationen über Luftwaffen und Luftkriege im Nahen Osten und in Afrika seit 1945. (www.acig.org)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2008)

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