Slowakei: Eine Ministerin wollte ausmisten: Gefeuert!

(c) AP (Russell Boyce)
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Die Auswechslung der Landwirtschafts-Ministerin erhellt das wüste Treiben im Intrigantenstadl HZDS.

PRESSBURG. Eines der mit Budgetgeldern höchstdotierten Ministerien ist von der kleinsten Regierungspartei schamlos als Selbstbedienungsladen zur Versorgung politischer Günstlinge geplündert worden. Es war niemand geringerer als die Landwirtschaftsministerin Zdenka Kramplová selbst, die dieses ungeschminkte Sittenbild slowakischer Freunderlwirtschaft schonungslos enthüllt hat. Natürlich blieb das nicht ohne Folgen: Auf Druck ihrer Partei, der Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS), musste Kramplová zu Wochenbeginn ihren Posten räumen.

„Keine Sorge, ich werde nicht auf den Tisch knallen“, beruhigte Kramplová die Öffentlichkeit noch in Anspielung auf den theatralischen Abschied ihres Vorgängers Miroslav Jurena, heute Vizechef der HZDS. Der hatte Ende 2007 seinen Posten als Landwirtschaftsminister wegen dubioser Finanztransaktionen im Ressort räumen müssen und zum Abschied eine polternde Pressekonferenz in einem Kuhstall abgehalten. Aber was Krampolvá dann kundtat, war eine knallharte Abrechnung mit ihrer eigenen Partei. Sie habe das Ministerium in einem „beklagenswerten Zustand“ übernommen, es herrschte dort das Chaos. „Ich habe mit dem Generalstaatsanwalt bereits Gespräche wegen des Verdachts auf kriminelle Vorgehensweisen geführt.“

Es habe sich gezeigt, dass das Ministerium „in puncto Modernisierung hundert Jahre hinter den Affen zurückgeblieben ist und Milliarden an Forderungen mit längst abgelaufener Fälligkeit nie eingetrieben wurden“. Dass sie dafür sorgte, dass die schlimmsten Schuldner des Ministeriums wenigstens nicht weitere EU-Förderungen zugeschoben bekommen, werde sie wohl noch ihren Posten kosten, vermutete Kramplová – und lag damit richtig.

Parteichef als Lügner

Sobald sie dazu angesetzt habe, mit Misswirtschaft und Korruptionsverdacht im Ressort aufzuräumen, habe ihre eigene Partei begonnen, sie mittels Intrigen wieder aus dem Amt zu drängen. Insbesondere habe ihr Vorgänger Jurena gezieltes Lobbying gegen sie betrieben und zudem eine Affäre um fragwürdige Parteispenden gezielt ihr unterschoben. Bezeichnend für den innerparteilichen Stil waren auch die Umstände ihrer Absetzung: Parteichef Vladimir Meciar habe ihr erklärt, berichtete Kramplová, dass Ministerpräsident Robert Fico ihre Abberufung verlange. Das erwies sich im Nachhinein als schlichte Lüge. Tatsächlich bekannte Fico dann vor Journalisten, er habe keine Unzulänglichkeiten Kramplovás als Ministerin gesehen. Da sie aber das Vertrauen ihres eigenen Parteichefs verloren habe, sei sie in der Regierung nicht mehr haltbar.

Tatsächlich setzte der formell zuständige Staatspräsident Ivan Gasparovic, kaum von den Olympischen Spielen in Peking zurückgekehrt, Kramplová am Montag als Ministerin ab. Den von der HZDS vorgeschlagenen Nachfolger, den zahmen Agrarmanager Stanislav Becík, akzeptierte das Staatsoberhaupt ebenso prompt.

Auch Umweltminister ging

So nebenbei vollzog Gasparovicauch die Ersetzung des vom anderen Juniorpartner in der Regierung, der Slowakischen Nationalpartei SNS, nominierten Umweltministers Jaroslav Izák. Dessen Auswechslung ist im Unterschied zum Fall Kramplová tatsächlich von Fico verlangt worden, nachdem sein Ressort Fördergelder „im Widerspruch zu unseren ethischen Grundsätzen“ an Beamte und deren Verwandte verteilt hatte.

Die HZDS und die nationalistische SNS hatten bei der Regierungsbildung 2006 gegenüber Ficos Linkspartei „Smer“ weniger Ministerien erhalten als es dem jeweiligen Wählerstimmen-Anteil der drei Koalitionspartner entsprochen hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2008)

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