Präsidentschaftskandidat bringt Elite gegen sich auf. Entrüstung wegen einer Tirade gegen John McCain.
Wien/Washington. Ames galt stets als Barometer im US-Vorwahlkampf. Alle vier Jahre zogen die Präsidentschaftskandidaten im Hochsommer kreuz und quer durch Iowa, den Agrarstaat im Mittleren Westen, um sich in Cafés, Kirchengemeinden oder bei Landwirtschaftsmessen vorzustellen und bei ihrer Stomp Speech die Stimmung für ihre Kampagne und ihre Chancen auszuloten.
Heuer ist dies nicht anders – nur, dass die Republikaner die gleichsam rituelle Probeabstimmung in dem Universitätsstädtchen Ames über die Kandidaten abgesagt haben. Das Votum hat zuletzt an Aussagekraft eingebüßt, weil die konservative Basis Außenseiter favorisiert hat, die bei der Kandidatenkür dann keine Rolle mehr gespielt haben. Einige prominente Bewerber wie Jeb Bush haben auf eine Teilnahme darum ganz verzichtet.
Und doch hat Ames am Wochenende erneut die nationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Wer außer Donald Trump hätte es bei einem Kandidatenforum, das zehn Aspiranten auf ihre politisch-religiöse Gesinnung prüfte, zuwege gebracht, sich in die Schlagzeilen zu katapultieren? Der Immobilentycoon, ein notorisches Großmaul, sprach John McCain kurzerhand das Attribut „Kriegsheld“ ab, woraufhin unter seinen Kontrahenten ein Sturm der Entrüstung losbrach.
McCain, der altgediente Senator und Ex-Präsidentschaftskandidat, sei nur deshalb ein Kriegsheld, weil er im Vietnam-Krieg gefangen genommen worden war, argumentierte Trump. Er selbst habe sich aufgrund von Gesundheitsattesten vor einem Vietnam-Einsatz gedrückt, gestand er ein. McCain war dagegen als Kampfpilot 1967 über Vietnam abgeschossen worden. Während seiner fünfeinhalbjährigen Isolationshaft im berüchtigten Gefängnis „Hanoi Hilton“ überstand der Admiralssohn Torturen; einen Gefangenenaustausch lehnte er aus Solidarität zu seinen Kameraden zwei Mal ab. Noch heute leidet der 78-Jährige an körperlichen Blessuren.
Brüskierung der Latinos
Als einer der wenigen Granden seiner Partei hatte McCain es gewagt, die Egoshow des Milliardärs Trump zu kritisieren. Dessen Ressentiments gegen Mexikaner und illegale Immigranten, die in den Ohren vieler Latinos wie Provokationen klingen, würden „nur die Verrückten“ aufstacheln, sagte der Politveteran McCain. Trump hatte bei seiner Suada in der Lobby seines eigenen Wolkenkratzers gegen Mexikaner gewettert – und sie in einem Atemzug mit Vergewaltigern und Drogensüchtigen genannt.
Eine Reihe von Werbe- und Medienpartnern boykottierte in der Folge den Mogul. Doch die populistischen Tiraden und simplen Parolen über den Niedergang der USA lösten in der mehrheitlich weißen, republikanischen Basis und bei Anhängern der fundamentalistischen Tea-Party-Bewegung großes Echo aus. In Umfragen stieß er an die Spitze, und bei den TV-Debatten – für die sich nur die Top Ten der Bewerber qualifizieren – wird Trump wohl für weitere Kontroversen sorgen.
Strategen der Republikaner fürchten, Trump könnte die Chancen der Grand Old Party bei den Latinos vollends verspielen. Und sie beschwören schon ein Szenario, wonach Trump womöglich als Unabhängiger kandidieren – und wie einst der texanische Milliardär Ross Perot 1992 die Partei den Wahlsieg kosten könnte.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2015)