Jo Cox: Das frühe Ende des Londoner Politsterns

Blumen für die beliebte Abgeordnete.
Blumen für die beliebte Abgeordnete.Bloomberg
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Die 41-Jährige galt als politische Hoffnungsträgerin. Sie setzte sich vehement für ihre Ideale ein - Hilfe für Menschen in Syrien und ein Verbleib Großbritanniens in der EU.

Als "hellen Stern" bezeichnete Großbritanniens Premier David Cameron die am hellichten Tage ermordete Jo Cox am Donnerstag. Er sprach damit wohl vielen, die die 41-jährige Labour-Politikerin gekannt hatten, aus der Seele. Sie sei mutig, witzig und schlau gewesen, schreibt eine Reporterin der britischen BBC. Sie sei eine Meisterin gewesen "in allem, was in Großbritannien am besten ist", beschrieb sie der Abgeordnete Jack Dromey. "Sie war einfach eine der nettesten, vernünftigsten Frauen, die jemals das Unterhaus betreten haben."

Am Wochenenden sollte Helen Joanne Cox, die von allen "Jo" genannt wurde, ihren 42. Geburtstag feiern. Die Tochter einer Schulsekretärin und eines Fabrikarbeiters war wie viele im britischen Parlament keine Berufspolitikerin. Sie fand über die Entwicklungsarbeit, für die sie sich während ihres Studiums in Cambridge begeistert hatte, in die Politik. Als Mitarbeiterin verschiedenster Hilfsorganisationen wie Oxfam oder Save the Children reiste sie rund um die Welt, um gegen Armut und Diskriminierung zu kämpfen. Besonders setzte sich die zweifache Mutter für die Situation der Kinder und der Frauen ein.

"Das ist eine Sache, die mir diese ganzen Erfahrungen brachten - wenn man ein Problem ignoriert, wird es nur schlimmer", sagte sie später in einem Interview über ihre Arbeit bei den NGO. Ihr Wissen setzte sie unter anderem als Beraterin für Sarah Brown ein, die Frau des früheren Premierministers Gordon Brown, die Gesundheitskampagnen für Kinder und Frauen unterstützt.

"Ließ sich von einem Ideal leiten"

Als Cox 2014 in die Politik einstieg und bei den Wahlen im Frühjahr 2015 einen Sitz im britischen Unterhaus errang, hatte sie bereits mehr Erfahrung als viele ihrer Labour-Kollegen gesammelt. Es sind wohl diese Erlebnisse in der Entwicklungszusammenarbeit, die ihre politischen Überzeugungen prägten. "Sie sorgte sich sehr um die Partei - und, wie Politik nicht nur in England, sondern auf der ganzen Welt etwas bewirken kann", schrieb die BBC.

So gründete Cox im Unterhaus unter anderem eine Parlamentariergruppe für Syrien. Sie warb für ein humanitäres Eingreifen in dem Bürgerkriegsland - und stemmte sich gegen Camerons Strategie, militärisch in den Konflikt einzugreifen. Die Politikerin war eine von wenigen Labour-Mitgliedern, die im Sommer 2015 den linken Jeremy Corbyn für die Urwahl zum neuen Labour Parteichef nominierten. Später bereute sie, seinen Aufstieg ermöglicht zu haben. Besonders kritisierte sie, dass er sich nicht genug für den Verbleib Großbritanniens in der EU einsetzte.

"Jo Cox war nicht einfach eine Abgeordnete, die ihre Pflicht erfüllte. Sie war eine Abgeordnete, die sich von einem Ideal leiten ließ", schrieb der "Guardian" in einem Nachruf. "Es sind Ideale, die Cox dazu gebracht haben, sich unermüdlich für die brutal behandelten und vertriebenen Menschen aus Syrien einzusetzen. Und der schmerzlichste Gedanke ist, dass es diese Ideale gewesen sein könnten, für die sie nun gestorben ist."

Sie hinterlässt einen Mann und zwei Kinder

Doch der 52-Jährige Angreifer setzte mit seiner tödlichen Attacke am Donnerstag nicht nur Cox vielversprechender Karriere ein Ende. Die Abgeordnete hinterlässt auch einen Ehemann und zwei Kinder. "Heute ist der Beginn eines neuen Kapitels in unserem Leben; schwieriger, schmerzhafter, weniger glücklich, mit weniger Liebe", sagte ihr Mann Brendan Cox in einem Statement. "Zwei Dinge wären ihr nun am wichtigsten gewesen. Erstens, dass unsere kostbaren Kinder mit Liebe überschüttet werden. Zweitens, dass wir uns alle in dem Kampf gegen den Hass, der sie getötet hat, vereinen."

(maka)

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