Die Lage in dem Bürgerkriegsland ist katastrophal: 7,6 Mio. Menschen hungern, drei Mio. wurden vertrieben. Die UN kritisiert willkürliche Angriffe auf Zivilisten.
Die Zahl der Todesopfer im Jemen ist auf rund 10.000 gestiegen. Das sagte der UNO-Koordinator für humanitäre Hilfe in dem Bürgerkriegsland, Jamie McGoldrick, am Dienstag in Sanaa. Die Zahlen basierten auf Informationen aus Gesundheitsinstitutionen im Jemen. Da es in manchen Gegenden keine solchen Einrichtungen gebe, befürchtet McGoldrick eine noch höhere Opferzahl.
Laut einem UNO-Bericht leiden 7,6 Millionen Jemeniten an Unterernährung, drei Millionen seien aus ihren Wohnorten vertrieben worden. Mehrmals haben die UN bereits willkürliche Angriffe auf Unbeteiligte kritisiert. Dazu gehörten Bombardierungen von Wohngebieten, Märkten, Krankenhäusern und Schulen. Zivilisten seien mit Streubomben und Landminen sowie von Heckenschützen getötet worden. Zudem seien Kinder zwangsrekrutiert und als Kämpfer eingesetzt worden.
"Die Folgen dieses Konflikts für die Bevölkerung sind verheerend", heißt es in dem UNO-Dokument. "Die internationale Gemeinschaft hat rechtlich und moralisch die Pflicht, Maßnahmen zur Linderung der verzweifelten Notlage der Menschen zu ergreifen."
Kerry will neue Friedensgespräche
Seit den Protesten im Jahr 2011, die zum Sturz des Längszeitpräsidenten Ali Abdullah Saleh führten, ist der Jemen in ständigem Aufruhr. Schiitische Houthi-Rebellen wissen weite Teile des Landes unter ihrer Herrschaft, ein von Saudi-Arabien geführtes Bündnis sunnitischer Golfmonarchien greift mit Luftangriffen von außen ein.
US-Außenminister Kerry versucht nun den im August gescheiterten Friedensprozess wieder voranzutreiben. Er sprach sich für die Bildung einer Einheitsregierung aus. Dies müsse Teil einer Vereinbarung zur Beendigung der Kämpfe in dem Land sein, sagte Kerry am Donnerstag in der saudi-arabischen Hafenstadt Jeddah. Er habe mit den arabischen Golfstaaten und den Vereinten Nationen eine Wiederbelebung der Friedensgespräche mit dem Ziel vereinbart, eine Einheitsregierung in Jemen zu schaffen.
Kerry forderte von den Houthis, sie müssten den Beschuss Saudi-Arabiens einstellen, ihre Truppen aus der Hauptstadt Sanaa abziehen, ihre schweren Waffen abgeben und sich an einer Regierung der nationalen Einheit mit ihren politischen Gegnern beteiligen. Die Rebellen sind zwar zu neuen Verhandlungen bereit, als Vorbedingung nannten sie aber ein Ende der saudischen Angriffe auf die von ihnen kontrollierten Gebiete.
Eines der ärmsten arabischen Länder
Mit 528.000 Quadratkilometern ist der Jemen der zweitgrößte Staat auf der Arabischen Halbinsel und annähernd so groß wie Frankreich. Vier Fünftel der gut 26 Millionen Einwohner sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, der Jemen zählt zu den ärmsten Ländern der arabischen Welt. Die Bevölkerungsdichte in dem Bürgerkriegsland beträgt 49 Einwohner pro Quadratkilometer und ist damit nicht einmal halb so groß wie jene in Österreich. Besonders im Süden und Osten gibt es weite Teile, die nur sehr spärlich besiedelt sind.
In der Hauptstadt Sanaa leben knapp drei Millionen Menschen, in der zweitgrößten Stadt des Landes, in der Hafenstadt Aden, etwa 882.000. In Aden kommt es immer wieder zu Anschlägen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Bei dem jüngsten am Montag wurden rund 60 Menschen getötet. 99 Prozent der jemenitischen Bevölkerung bekennen sich zum Islam.
Der Bürgerkrieg kostete nicht nur tausenden Menschen das Leben, sondern hat auch die Infrastruktur des Landes weitgehend zerstört. Internationale Friedensbemühungen blieben bisher erfolglos, Friedensgespräche zwischen Aufständischen und der Regierung von Präsident Abd-Rabbu Mansour Hadi waren Anfang August gescheitert.
(APA)