Trump kämpft gegen sein politisches Aus

Eine Kappe mit Trumps Wahlkampfspruch.
Eine Kappe mit Trumps Wahlkampfspruch.REUTERS
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Immer mehr prominente Republikaner fordern Trump nach den Enthüllungen auf, nicht zur Präsidentschaftswahl anzutreten. "Ich werde niemals aussteigen", kontert er.

U S-Präsidentschaftskandidat Donald Trump zieht nach Veröffentlichung einer Aufnahme mit frauenfeindlichen und vulgären Äußerungen erheblich geschwächt in das zweite TV-Duell mit seiner Rivalin Hillary Clinton. Selbst aus der eigenen Partei hagelte es massive Kritik an dem Milliardär. Mehr als 60 prominente Vertreter der Republikaner verurteilten Trumps sexistische Sprüche scharf, darunter der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, und der ehemalige Präsidentschaftskandidat John McCain.

Über zwei Dutzend republikanische Spitzenpolitiker forderten Trump sogar auf, das Feld einen Monat vor der Wahl zu räumen. Dies wies der Immobilienmogul entschieden zurück: "Ich werde niemals aus dem Rennen aussteigen, werde niemals meine Anhänger im Stich lassen", gab er sich am Samstag via Twitter kämpferisch.

Es gebe "null Chancen, dass ich aufgebe", sagte Trump dem "Wall Street Journal". Auf Twitter schrieb er, die Medien und das Establishment wünschten sich inständig, er möge seine Kandidatur beenden. "Ich werde niemals meine Anhänger im Stich lassen!", stellte er klar. Am Samstagabend trat er in New York vor den Trump Tower, reckte die Faust in die Höhe und sagte auf die Frage, ob er weitermache: "Zu 100 Prozent!"

In dem Video von 2005 ist zu hören, wie Trump - damals ein Reality-TV-Star - sich in teils vulgärer Sprache über Frauen äußert. Er erzählt, dass er versucht habe, mit einer verheirateten Frau Sex zu haben, und dass er auch einfach so mal Frauen küsse. "Und wenn du ein Star bist, dann lassen sie dich das tun." Man könne alles tun, auch zwischen die Beine grabschen.

Ehefrau Melania findet Worte "inakzeptabel"

Trump bestätigte die Echtheit der Äußerungen und entschuldigte sich auf seiner Facebook-Seite. "Jeder der mich kennt, weiß, dass diese Worte nicht widerspiegeln, wer ich bin." Die Veröffentlichung des elf Jahre alten Videos so kurz vor der Wahl sei ein Ablenkungsmanöver. Seine dritte Ehefrau Melania, die er nur wenige Monate vor Entstehung der Aufnahme geheiratet hatte, bezeichnete die Worte ihres Mannes als "inakzeptabel und beleidigend für mich". Die Aussagen stünden aber nicht für den Mann, den sie kenne. "Ich hoffe, dass die Menschen seine Entschuldigung akzeptieren, so wie ich es getan habe, und sich auf die wichtigen Themen konzentrieren, die unser Land und die Welt angehen."

Doch selbst Trumps Kandidat für den Posten des Vizepräsidenten, Mike Pence, kritisierte die Äußerungen des 70-Jährigen. Er könne diese nicht verteidigen. "Als Ehemann und Vater, haben mich diese Worte und die von Donald Trump beschriebenen Handlungen beleidigt", erklärte der Gouverneur von Indiana auf Twitter. Er deutete aber an, Trump weiter zu unterstützen, obwohl Rufe laut wurden, Pence solle das Ruder übernehmen.

Gegeben hat es so etwas in dieser Phase des Wahlkampfs bei einer der großen Parteien noch nicht. Es war auch nicht klar, ob man Trump jetzt überhaupt noch zum Rückzug zwingen könnte. In einigen Bundesstaaten können Wähler bereits ihre Stimme vor dem eigentlichen Wahltag am 8. November abgeben, darunter in so umkämpften wie Virginia und North Carolina.

"Niederlage scheint fast sicher"

Nichtsdestotrotz forderten mehrere Parteigrößen wie Ex-Außenminister Condoleezza Rice oder Ex-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney Trump auf, das Handtuch zu werfen. McCain erklärte, Trumps Verhalten mache es unmöglich, ihn zu unterstützen. Der republikanische Abgeordnete und entschiedene Clinton-Kritiker Jason Chaffetz sagte zu CNN, würde er Trump jetzt noch wählen, könne er seiner 15-jährigen Tochter nicht mehr in die Augen sehen. Sein Kollege Mike Coffman aus Colorado sagte zu CBS, Trumps Niederlage bei der Wahl scheine nunmehr "fast sicher".

Der ranghöchste Republikaner im Kongress, Ryan, lud Trump von einer Wahlkampf-Veranstaltung am Samstag aus. "Ich bin angeekelt von dem, was ich heute gehört habe." Frauen müssten unterstützt und verehrt werden, erklärte er.

Trump hatte seit Beginn seiner Bewerbung zahlreiche Gegner auch in der eigenen Partei. Dazu trugen eine ganze Reihe von umstrittenen Kommentaren bei, etwa über Einwanderer, Muslime und Frauen. Dennoch konnte der politische Quereinsteiger genau mit dieser von vielen Anhängern oft als direkt und ehrlich interpretierten Art sowie dem Versprechen, sich nicht wie die politische Elite in Washington zu verhalten, bei zahlreichen Wählern punkten.

Weitere brisante Aufzeichnungen veröffentlicht

Die Demokratin dürfte das Thema beim zweiten TV-Duell gegen Trump in der Nacht auf Montag ausschlachten, wenn die Kandidaten sich Publikumsfragen stellen werden. Zu den Äußerungen Trumps erklärte sie: "Das ist schrecklich. Wir können es nicht zulassen, dass dieser Mann Präsident wird."

US-Medien veröffentlichten am Wochenende auch weitere ältere Aufzeichnungen, die tief blicken lassen. So stimmte Trump zu, als der Radiomoderator Howard Stern Trumps Tochter Ivanka im Jahr 2004 mit einem vulgären Ausdruck ("piece of ass") zum Sexobjekt machte, und ließ sich später auch auf eine Diskussion über eine mögliche Brustvergrößerung Ivankas ein.

In weiteren Gesprächen meinte Trump, dass Paarbeziehungen auf den "Prüfstand" müssten, wenn die Frau 35 Jahre alt werde, äußerte sich abschätzig über Sex mit menstruierenden Frauen und bejahte die Frage, ob er schon Sex zu dritt gehabt habe ("Haben wir doch alle schon gehabt. Sind wir Babys?"). Schließlich meinte der frühere Organisator der "Miss Universe"-Wettbewerbe, dass er Sex mit Teilnehmerinnen von Schönheitswettbewerben nicht ablehnen würde, weil er ja "ihre Gefühle nicht verletzen" wolle.

(APA/Reuters)

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