Der Friedensnobelpreisträger wirft der Armee vor, das Volk nicht ausreichend einzubinden. Die Mubarak-Leute seien noch immer an der Macht.
Der ägyptische Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei hat gegenüber der Armee Vorbehalte, die nach dem Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak die Macht in seinem Land übernommen hat. "Ich stehe ihr kritisch gegenüber, weil sie bisher nicht genug getan haben, das ist auch nicht ihr Job. Sie wissen nicht, wie man ein Land führt", sagte der Oppositionspolitiker und frühere Chef der internationalen Atomenergiebehörde IAEO laut Vorausmeldung im Interview mit der "ZiB" des ORF am Donnerstag.
ElBaradei kritisierte, dass das Militär das Volk bisher nicht einbezogen habe. "Nach der Übergangsphase brauchen wir eine Regierung der nationalen Einheit und nicht eine Mubarak Regierung, die immer noch an der Macht ist."
"Müssen ein neues Haus bauen"
"Wir müssen ein neues Haus bauen", sagte ElBaradei über die Situation in Ägypten. "Es wird zweifellos Rückschläge und Fehler geben, es ist wie ein Kind, das gehen lernt. Genau da sind wir jetzt, lernen, wie wir uns selbst organisieren müssen, den radikalen Wandel machen von einem autoritären, brutalen Regime zu einer Demokratie." Deswegen sei diese Übergangsphase sehr entscheidend, "weil wir müssen ein Haus mit festen Säulen bauen".
Diese Phase werde mindestens ein Jahr dauern. "Wir sollten nicht auf rasche Wahlen drängen." Denn dann würden nur jene organisierten Gruppen und Parteien profitieren, die es bereits gibt. "Aber die schweigende Mehrheit hat noch nie am politischen Prozess teilgenommen und würde dann auch keine faire Chance haben, jetzt ihre Meinung bei repräsentativen Wahlen ausdrücken."
Ex-Innenminister verhaftet
In Ägypten ist unterdessen der frühere Innenminister Habib el Adli wegen des Verdachts der Geldwäsche festgenommen worden. Wie am Donnerstag aus Justizkreisen verlautete, wurden auch der frühere Tourismusminister Soheir Garranah, der frühere Wohnungsminister Ahmed el Maghrabi und der Stahlunternehmer Ahmed Ess, ein Vertrauter des gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak, in Gewahrsam genommen. Ihnen wird Veruntreuung vorgeworfen.
Alle vier Männer sollten auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft zunächst für 15 Tage in Untersuchungshaft bleiben, hieß es. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor bereits das Vermögen der Männer eingefroren und ein Ausreiseverbot verhängt.
(Ag.)