US-Armee: "Ich bin ein US-Marine und lesbisch"

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USArmee USMarine lesbisch(c) Reuters (Lucy Nicholson)
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Schwule US-Soldaten feiern, dass sie sich nicht mehr verstecken müssen. Die sogenannte "Don't-Ask-Don't-Tell"-Regelung ist ausgelaufen.

Stolz im Zeichen der US-Flagge und dem Dienst an ihrem Land haben Tausende nicht-heterosexuelle Angehörige der amerikanischen Streitkräfte am Dienstag (Ortszeit) gefeiert, dass sie sich nicht mehr wegen ihrer Präferenz für das gleiche Geschlecht verstecken müssen. Die sogenannte Don't-Ask-Don't-Tell-Regelung (DADT) ist ausgelaufen. Seit 1993 verbot es diese der Army nach der sexuellen Orientierung ihrer Mitglieder zu fragen. Umgekehrt durften Soldaten und Offiziere aber auch nicht sagen, dass sie Schwule, Lesben, Bisexuelle oder Transgender-Personen sind.

14.000 flogen seither aus den Streitkräften, weil sie sich deklarierten. Andere, wie Sarah Peccat, verließen die US-Armee, weil sie das gesetzlich vorgeschriebene Doppelleben nicht mehr aushielten. Peccat standen die Tränen in den Augen, als sie am Dienstag im US-Senat Seite an Seite mit zwei schwulen Kollegen erstmals sagen durfte: "Ich bin 31. Ich bin eine Frau. Ich bin ein US-Marine und lesbisch." Die zierliche Frau im Rang eines Captain war trotz ihres Wechsels zur Polizei - verbotenerweise - zumindest Reservistin geblieben, weil "ich die Armee liebe". Nun will sie wieder zurück und nach Afghanistan entsendet werden.

"Es war fürchterlich, so leben zu müssen"

Auch Captain Kristen Kavanaugh will wieder zur Navy, die sie vor vier Jahren verlassen hat. Im Irak-Einsatz hatte sie es nicht länger ausgehalten, ihre Sexualität zu kachieren: "Jeder konnte sein Liebstes anrufen und offen reden. Ich musste darauf achten, was ich sage, und konnte nur ganz allgemein reden. Es war fürchterlich, so leben zu müssen."

Das Pentagon wird Rückkehrwillige aber nicht besonders behandeln. Überhaupt verzögerte das US-Verteidigungsministerium das Auslaufen (repeal) der diskriminierenden Regelung über Monate, weil es erst Kurse für zwei Millionen Angehörige über die neue Situation abhielt und prüfte, ob der Zusammenhalt der Einheiten oder die Kampfmoral nicht in Gefahr sei.

"Sie können offen und ehrlich sein"

Der schwule Lieutenant der Luftwaffe Joshua Seefried quittierte das mit den Worten: "Ich habe unterstützende Anrufe von allen Leuten von der Arbeit bekommen. (...) Das zeigt, es ist business as usual." Bis Dienstag hatte Seefried als "Mr. Smith" die Vereinigung Outserve geleitet, die sich für das Ende von Don't Ask, Don't Tell eingesetzt hat. Nun hat er sein Pseudonym abgelegt. Auch der demokratische Senator Mark Udall (Colorado) erklärte auf der mit den emotionalen Outings verbundenen Pressekonferenz im Senat: "Das einzige, was sich geändert hat, ist, dass sie offen und ehrlich sein können, wer sie sind." Die Armee sei dadurch gestärkt worden.

Senat und Repräsentantenhaus brachten DADT im Vorjahr zu Fall - ein Wahlversprechen von Präsident Barack Obama, der den damaligen Verteidigungsminister Robert Gates und Generalstabschef Mike Mullen genauso auf seiner Seite hatte wie Umfragen in Bevölkerung und Heer. Die Demokraten und auch ein Teil der Republikaner stimmten für die Streichung. Bis zuletzt versuchten republikanische Politiker aber, die Abschaffung doch noch zu verhindern oder zu verzögern.

Viele mussten lügen

Vor DADT mussten Nicht-Heterosexuelle eine Stellungnahme unterschreiben, dass sie nicht homo- oder bisexuell sind. Viele mussten lügen, um ihrem Traumjob nachzugehen, wie der heute im Ruhestand befindliche Mike Ranking, der mehr als 30 Jahre in der Navy aktiv war. "Nun kann ich sagen, was für einen wundervollen Partner ich habe und ein Bild von ihm auf meinem Schreibtisch aufstellen", sagte Ranking auf einer "Happy-Repeal-Party" der Vereinigung Legal Defense Network (SLDN) in Washington D.C. "Wir haben hart dafür gearbeitet, jetzt sind wir ganz einfach froh."

Schon vor 18 Jahren versuchte Präsident Bill Clinton den heute erreichten Status quo zu erreichen. Er konnte aber nur einen Kompromiss mit Armee und Republikanern erzielen: DADT. Sein Parteikollege und Nachfolger Obama konnte sich über deren freuen: "Ab heute werden patriotische Amerikaner in Uniform nicht mehr dazu lügen müssen, wer sie sind, um dem Land, das sie lieben, zu dienen", hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses.

Zusammenleben - aber nicht in Armee-Wohnung

Ganz ist eine Gleichstellung jedoch nicht erreicht. Nicht-Heterosexuelle Armeeangehörige dürfen jetzt zwar sagen, dass sie zum Beispiel schwul sind, ohne Angst um ihren Job haben zu müssen. Sie "dürfen" Sex mit einem anderen Mann haben und eine Homo-Ehe oder -Partnerschaft eingehen, wenn das in ihrem Staat möglich ist. SLDN listet aber noch mehrere Punkte auf, die noch offen sind. Vor allem der Defense of Marriage Act (DOMA/Ehe-Verteidigungs-Gesetz) und ein Bundesstatut speziell für die Streitkräfte ist den Aktivisten ein Dorn im Auge. Sie verwehren gleichgeschlechtlichen Paaren die Wohnungs-, Bildungs- und Gesundheitsförderungen, die andere Paare erhalten. Schwule und Lesben dürfen also zusammenleben, nicht aber in Wohnungen, die die Armee zur Verfügung stellt. Auch können Nicht-Heterosexuelle keine Beschwerden wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz einbringen.

Die Feierlaune ließ sich dadurch jedoch nicht vertreiben: "Eine Riesenlast ist mir und 65.000 anderen schwulen, lesbischen und bisexuellen Truppenangehörigen, die in der Armee dienen, von den Schultern genommen", betonte der 27-jährige Luftwaffen-Lieutenant Seefried. Und Senator Udall, um die Botschaft des Aus für Don't Ask, Don't Tell klar zu machen, bemühte den 1998 verstorbenen Parade-Konservativen Barry Goldwater, der schon vor Jahrzehnten meinte: "You don't have to be straight to shoot straight."

(APA)

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