Ägypten: Islamisten unterstützen Ex-Moslembruder

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aegypten Islamisten unterstuetzen ExMoslembruder(c) AP (Khalil Hamra)
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Die Ultrakonservativen wollen nicht den Hauptbewerber der Moslembrüder unterstützen, sondern dessen gemäßigten Hauptrivalen, den 2011 von der Partei verstoßenen Ex-Moslembruder Abdel-Moneim Abul-Futuh.

Kairo. Tagelang hielten die Salafisten zurückgezogen Hof. Am Wochenende gab ihre „al-Nour“-Partei ihren Beschluss bekannt – eine faustdicke Überraschung und für die Präsidentenwahl möglicherweise eine Vorentscheidung: Denn die Ultrakonservativen wollen nicht den Hauptbewerber der Moslembrüder, Mohamed Mursi, unterstützen, sondern dessen gemäßigten Hauptrivalen, den 2011 von der Partei verstoßenen Ex-Moslembruder Abdel-Moneim Abul-Futuh.

Der Arzt (61) vertritt moderate Positionen und ist ein begabter Redner, der allen etwas anzubieten hat, er kommt sogar bei Liberalen an. Von den 13 zugelassenen Bewerbern werden am Ende wohl er und Moslem-Konkurrent Mursi sowie der ehemalige Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, den Kampf um die Nachfolge des gestürzten Präsidenten Hosni Mubaraks unter sich ausmachen.

Mit der Wahlempfehlung wolle man die Ängste in der Bevölkerung vor einer wachsenden Dominanz der Moslembrüder mildern, begründete al-Nour-Chef Emad Abdel-Ghafour den unerwarteten Schachzug. Denn in Ägyptens neuer Volksvertretung sind die Moslembrüder inzwischen die weit stärkste Fraktion, stellen den Parlamentspräsidenten und den Vorsitzenden der Verfassungsgebenden Versammlung; und in der ersten demokratisch gewählten Regierung des Landes, die Anfang Juli nach der Machtübergabe des Militärs ans Ruder kommen soll, werden die Moslembrüder auch den Premierminister stellen und Schlüsselressorts besetzen. Käme noch der Präsidentensessel hinzu, wäre der Machtbesitz total.

Das aber wollen die Salafisten verhindern, obwohl ihnen die Moslembrüder am nächsten stehen. Als einziges politisches Lager haben sie keinen eigenen Kandidaten mehr im Rennen, nachdem ihr Kandidat Hasem Abu Ismail jüngst von der Hohen Wahlkommission disqualifiziert worden war. Bei der Parlamentswahl vor vier Monaten landeten die Radikalen auf Platz zwei, vor dem säkularen Lager. Und bei der Präsidentenwahl am 23.Mai könnte ihr Votum nun alles entscheiden – eine erstaunliche Schlüsselposition für die gottgefälligen Politamateure, die von einer Welt wie zu Zeiten des Propheten Mohammed träumen.

Für die „Ziele der Revolution“

Unterdessen hat der Friedensnobelpreisträger und Ex-Direktor der Atomenergiebehörde IAEA, Mohamed ElBaradei, eine eigene Partei gegründet: die „Verfassungspartei“. Damit wolle er die „Einheit der Ägypter wiederherstellen und die Ziele der Revolution durchsetzen“, sagte der 69-Jährige am Samstag in Kairo.

ElBaradei war während des Umsturzes in Ägypten Anfang 2011 das international bekannteste Gesicht der Opposition. Seine Kandidatur als Präsident zog er aber später aus Protest gegen den herrschenden Militärrat zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2012)

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