Winter: "Weiß nicht, was ich zurücknehmen sollte"

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Mit stramm nationalen Parolen und gezielten Provokationen auffallen um jeden Preis. Stationen einer klassischen FPÖ-Karriere, die in die Grazer Stadtregierung führen könnte.

GRAZ. „Ich weiß nicht, was ich zurücknehmen sollte“, wundert sich Susanne Winter am Tag danach. Am Sonntag hatte die FPÖ-Spitzenkandidatin für die Grazer Gemeinderatswahl am 20. Jänner mit Attacken auf den Islam für Aufregung gesorgt. Die Intensität der ablehnenden Reaktionen habe sie überrascht, sagt Winter am Montag zur „Presse“.

Die blaue Frontfrau hatte beim Neujahrstreffen der FPÖ vor einem „muslimischen Einwanderungstsunami“ gewarnt und den islamischen Propheten Mohammed als „Kinderschänder“ bezeichnet, der den Koran „in epileptischen Anfällen“ geschrieben habe. „Ich wollte niemanden verletzen“, beteuert die promovierte Juristin, die sich selbst als „selbstkritisch bis zur Selbstzerfleischung“ beschreibt. Vor der Prüfung ihrer Aussagen durch die Staatsanwaltschaft und möglichen strafrechtlichen Konsequenzen – im Fall eines Tatbestands der Verhetzung bis zu zwei Jahre Haft – habe sie jedenfalls keine Angst.

Manchen in ihrer Partei gehen die Parolen aber zu weit. Margit Uray-Frick reagiert betroffen: „Mir stellt's die Gänsehaut auf. Jetzt ist Schluss mit lustig“, sagt die Noch-Klubobfrau der FPÖ im Gemeinderat und ehemalige Stadträtin. Sie steht kurz vor einem Parteiaustritt. „Das ist nicht mehr meine Partei“, bedauert Uray-Frick.

Winter sei als Bezirksrätin von Graz-Straßgang „nie aufgefallen“, erinnert sie sich an die ersten politischen Gehversuche der binnen zwei Jahren parteiintern von der Bezirksobfrau rasant nach oben durchgereichten jetzigen Stadtpartei-Chefin. Politik sehe sie nicht als Beruf, sondern als Berufung, sagte Winter nach ihrer Kür zur Spitzenkandidatin.

Wunsch nach Todesstrafe

Dieses Sendungsbewusstsein und die tiefe Verwurzelung im nationalen Lager ist bei den Winters generationenübergreifend. Auch Winters Sohn Michael ist politisch als Obmann der steirischen FP-Jugend mit eindeutiger Schlagrichtung aktiv. „Ich würde mir die Wiedereinführung der Todesstrafe für Mörder und Kinderschänder wünschen“, räsonierte der 20-Jährige im August.

„Asylanten internieren“

Die Aussagen reihen sich in eine lange Kette ausländer- und religionsfeindlicher Ausritte der Winters. Bereits vor einem halben Jahr hatte Susanne Winter die „Internierung von Asylanten in leer stehenden Kasernen“ gefordert. Bis es zu einem Asylbescheid kommt „würde es so zu keinem einzigen Verbrechen durch einen Asylanten kommen“, schlussfolgerte sie damals. Später schlug Winter ein Fahrverbot für Schleierträgerinnen vor, verteidigte ihre mehrmalige Verwendung der Bezeichnung „Neger“ leidenschaftlich und verstörte mit schrägen biogenetischen Theorien: „Da ist etwas in ihren Genen, das sie noch nicht verarbeiten konnten. Sie haben dadurch zu wenig Selbstbewusstsein und zu viel Hoheitsdenken“, schockierte sie einen dunkelhäutigen Grazer in einem Interview.

Ihr Geschichtsbild? „Ist Privatsache“, wehrt Winter stets ab. „Damit will man uns ja nur ins rechte Eck drängen.“ Politisches Vorbild hat die 51-Jährige, stets korrekt geschminkt und mit mähnenähnlich getunter Haarpracht auftretende Frontfrau keines, „nur eine Idee“.

Auf Wahlplakate umgemünzt kommt das in scharfen Parolen gegen altbekannte Feindbilder daher: Gegen „Bettlermafia“ und „Asylmissbrauch“ und für ein Moscheen-Verbot in Graz. Es wird laut Umfragen für einen Wiedereinzug in die Stadtregierung reichen. Sich selbst bezeichnet Winter als „praktizierende Christin.“ Der Islam dagegen sei „ja keine wirkliche Religion“, findet Winter.

„Schafe gegen Vergewaltigung“

Folgerichtig hat ihr Sohn auch schon gefordert, „eine Schafherde im Stadtpark grasen zu lassen als Sofortmaßnahme gegen türkisch-muslimische Vergewaltigungen.“ Denn, fabulierte Winter junior: „Geschlechtsverkehr mit Tieren scheint im Islam eine gewisse Tradition zu haben.“ „Das war als Anregung gedacht“, verteidigte die Frau Mama ihren Filius: „Es haben sehr viele darüber gelacht.“

Ex-FPÖ-Stadträtin Uray-Frick war nicht darunter: „Mir dreht's den Magen um.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2008)

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