Harald Perl: Erster Schritt zur Beschleunigung am Asylgerichtshof ist geschafft

Harald Perl, Asylgerichtshof
Harald Perl, Asylgerichtshof(c) (Clemens Fabry)
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Der Präsident des Asylgerichtshofes zieht eine positive Bilanz der ersten sechs Monate. Die offenen Verfahren konnten reduziert werden.

Eine durchaus positive Bilanz zieht der Präsident Harald Perl nach einem halben Jahr Tätigkeit des neuen Asylgerichtshofes: Der Grundstein für eine raschere Erledigung von Asylverfahren sei gelegt worden. Es bestehe die "faire Chance", bis 2010/11 den Rückstand von derzeit noch mehr als 20.000 Verfahren abzubauen - und damit das Ziel zu erreichen, dass Verfahren vom Antrag bis zum Abschluss nicht länger als 18 Monate dauern, sagte Perl.

Der AsylGH nahm seine Arbeit mit 1. Juli 2008 auf. Er wurde als Spezialgerichtshof für Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesasylamtes konzipiert. Gegen seine Erkenntnisse sind nur mehr Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof, aber nicht mehr - wie früher beim Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) - beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) möglich.

23.607 offene Verfahren

Beim Start übernahm der AsylGH einen "Rucksack" von 23.607 offenen Verfahren vom UBAS. Dieser wurde im ersten Halbjahr auf 22.119 reduziert - obwohl gleichzeitig 4.659 neue Beschwerdeverfahren anfielen. Insgesamt haben die 77 Richter bis Ende 2008 6.591 Verfahren erledigt. Gegen 1.202 Urteile wurde Beschwerde beim VfGH eingelegt. 588 davon waren zu Jahresende erledigt - und nur in vier Fällen wurde der Beschwerde stattgeben.

Der Gerichtshof habe wichtige erste Schritte gesetzt, "wir können mit einem gewissen Optimismus in die nächsten Jahre gehen", ist Perls Resumee: Man habe ein gutes Stück der offenen Verfahren abgebaut. 1.500 der neuen Verfahren seien in weniger als sechs Monaten beendet worden; für Zuständigkeitsfragen bei Dublin-Fällen brauche man durchschnittlich nur 14 Tage. Und der VfGH habe mehr als 99 Prozent der bekämpften Entscheidungen bestätigt.

"Sehr zeitnah" entschieden

Der VfGH habe "sehr zeitnah" entschieden - auch in einigen zentralen Fragen, die eine Vielzahl von Verfahren betreffen. Das trage zur Beschleunigung des Gesamtsystems bei. Dieses von der Regierung formulierte Ziel trägt Perl voll mit: "Es ist nur fair, den Menschen, die bei uns um Asyl ansuchen, so rasch wie möglich zu sagen, ob sie schutzbedürftig sind oder nicht. Man kann sie nicht fünf, zehn Jahre warten lassen."

Auf die Bedeutung eines raschen Verfahrens verweist Perl auch, wenn es um die Frage geht, ob - wie von vielen Seiten verlangt - doch wieder der Gang zum VwGH ermöglicht werden sollte. Er glaube nicht, dass dies derzeit vom Verfassungsgerichtsgeber vorgesehen sei. Aber bei jeder Änderung "müsste man im Auge behalten, dass alle zur Entscheidung berufenen Instanzen über die entsprechenden Kapazitäten verfügen müssen, damit das Ziel der Erledigung in angemessener Zeit machbar bleibt".

Mit dem Personalstand - 77 Richter und rund 200 nicht-richterliche Mitarbeiter - des Asylgerichtshofes ist Präsident Harald Perl so weit zufrieden: Im Vergleich zum UBAS (mit zuletzt rund 51 Senatsmitgliedern) sei man jetzt "erstmals in der Lage, den Anfall zu erledigen". Perl rechnet mit rund 9.000 bis 10.000 neuen Fällen jährlich. Mit den vorhandenen Kapazitäten sei es damit "realistisch", die gesetzten Ziele bis 2010/11 zu erreichen, sagte er.

Drei bis vier Länder pro Richter

Der AsylGH arbeitet parallel an alten und neuen Fällen: Beim Start wurden die anhängigen Verfahren neu auf die Richter verteilt. Um einen hohen Spezialisierungsgrad zu erreichen, ist "jeder Richter im Durchschnitt für drei bis vier Herkunftsländer zuständig". Das ermögliche hohes Wissen über diese Länder - und eine effiziente Verfahrensführung, betont Perl.

Kaum eine Änderung brachte die neue Konstruktion laut Perl beim Ausgang der Verfahren: In 4.156 Fällen (63 Prozent) hat der AsylGH die Entscheidungen des Bundesasylamtes (BAA) bestätigt, in 1.565 Fällen (24 Prozent) aufgehoben und in 870 Fällen (13 Prozent) gab es eine "sonstige Erledigung" (z.B. Einstellung des Verfahrens). In Summe halten also rund drei Viertel der erstinstanzlichen Entscheidungen. In 731 Fällen gestand der AsylGH dem Antragsteller Flüchtlingsstatus zu, 93 Mal wurde ein Asylantrag im Dublin-Verfahren zugelassen.

Zum Bleiberechts-Entwurf von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) will Perl nicht konkret Stellung nehmen; auch in der schriftlichen Stellungnahme hat man "Themen, die den AsylGH nicht betreffen wie z.B. die Patenschaft" ausgespart. Aber er hat sie dafür genützt, um ein schon öfter vorgebrachtes Anliegen zu unterstreichen: "Jede Änderung der Rechtslage sollte so gering wie notwendig gehalten und möglichst präzise und klar formuliert werden." Denn wenn man Beschleunigung der Verfahren anstrebe, seien häufige Novellen "kontraproduktiv". Und wenn nach Novellen wieder "eine höchstgerichtlichen Interpretation nötig ist, ist das eine zusätzliche Belastung" für alle Entscheidungsinstanzen.

(APA)

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