"Ich bleibe in Niederösterreich", sagt Landeshauptmann Erwin Pröll im "Presse"-Interview. Er empfiehlt einen unabhängigen bürgerlichen Kandidaten für die Hofburg-Wahl und hält Fischers Amtsführung für eine "gefährliche Entwicklung".
"Die Presse": Herr Landeshauptmann, bleiben Sie Landeshauptmann?
Erwin Pröll: Ja, ich bleibe in Niederösterreich. Es hat in den vergangenen drei, vier Wochen im Land jede Menge Spekulationen gegeben – angeheizt vor allem durch die Nichtfestlegung des amtierenden Präsidenten. Ich habe sehr stark diese Unruhe in der Bevölkerung Niederösterreichs gespürt. Da diese Verunsicherung zugenommen hat, musste ich handeln. Ich bin es gewohnt, so rasch wie möglich zu reagieren. Ich wollte keinen Beitrag dazu leisten, dass diese Verunsicherung bestehen bleibt. Ich habe mir vorgenommen, Klarheit zu schaffen.
Aber Sie wären schon gerne Bundespräsident geworden?
Pröll: Der Reiz war da. Es wäre eine schöne Aufgabe gewesen. Ich hätte sie auch anders angelegt als der derzeitige Amtsinhaber. Und es war tatsächlich so, dass Politiker aller Parteien außer den Grünen in den vergangenen Monaten bei mir angefragt haben.
Um Sie zu unterstützen?
Pröll: Um mich zu ermuntern, zu kandidieren.
Auch SPÖ-Politiker?
Pröll: Auch hochrangige SPÖ-Politiker. Viele sind mit der Amtsführung des derzeitigen Präsidenten sehr unzufrieden. Da gibt es eine ganz gefährliche Entwicklung: Viele Bürger, mit denen ich zuletzt gesprochen habe, haben aus diesem Grund zu mir gesagt: „Wozu brauchen wir noch ein Amt wie das des Bundespräsidenten? Eigentlich brauchen wir es nicht mehr.“ Ich halte das, wie gesagt, für eine gefährliche Entwicklung.
Nachdem Sie nun verzichten: Soll die ÖVP einen anderen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl 2010 nominieren?
Pröll: Das ist Chefsache. Ich glaube aber, es gibt sehr gute Chancen für einen eigenen bürgerlichen Kandidaten. Warum? Erstens ist der amtierende Präsident ein ausgewiesener Parteimensch. Und zweitens liegt die SPÖ organisatorisch am Boden. Am besten wäre es, das bürgerliche Lager würde einen unabhängigen Kandidaten aufstellen. Er hätte alle Chancen. Vor allem angesichts des Nervenkorsetts des amtierenden Präsidenten, wenn dieser in eine Stichwahl muss. Erinnern Sie sich an das Duell Klestil gegen Streicher. Da war Streicher nach dem ersten Wahlgang noch vorne, die Stichwahl hat dann aber Klestil gewonnen.
Die besten Chancen als bürgerlicher Kandidat hätten aber Sie gehabt.
Pröll: Bei der niederösterreichischen Landtagswahl im Vorjahr habe ich von 550.000 ÖVP-Stimmen 303.000 als persönliche Vorzugsstimmen erhalten. Das war ein gewaltiges, unglaubliches Vertrauensvotum. Ich habe damals versprochen, mich mit aller Kraft fünf weitere Jahre für Niederösterreich einzusetzen. An dieses Versprechen bin ich nun von vielen Bürgern erinnert worden. Und schauen Sie: Auch Niederösterreich ist von der Wirtschaftskrise nicht verschont geblieben. In so einer Situation verlässt man sein Land nicht. Das ist viel wichtiger als ein persönlicher Karriereschritt. Ich will weiterhin einen positiven Beitrag für Niederösterreich leisten.
Es wurde auch kolportiert, dass Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad, der Vorsitzende Ihres Personenkomitees bei niederösterreichischen Landtagswahlkämpfen, nicht sehr angetan war von Ihrem Vorhaben, für die Hofburg kandidieren zu wollen.
Pröll: Das mag sein. Für meine Entscheidung hat das aber keine Rolle gespielt. Ich habe mich nie in irgendeine Abhängigkeit begeben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2009)