Maria Fekter: Harte Ministerin, einmal weich

Maria Fekter Harte Ministerin
Maria Fekter Harte Ministerin(c) Dapd (Ronald Zak)
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Das neue, strengere Fremdenrecht kommt nicht in den Ministerrat, sondern auf die Wartebank.

Maria Fekter durchlebt harte Zeiten. Die Oberösterreicherin im Innenministerium in der Wiener Herrengasse, die seit ihrem Amtsantritt durchaus ihr Image als „Eiserne Lady“ pflegte, wird schwach. Sie wird die Verschärfung des Fremdenrechts, mit dem eine Anwesenheitspflicht für Asylwerber in den Erstaufnahmezentren gesetzlich festgeschrieben werden soll, entgegen ursprünglichen Plänen übermorgen, Dienstag, doch nicht in der Regierungssitzung zum Beschluss vorlegen.

Die letzten Tage sind nicht spurlos an Fekter vorübergegangen. Zur flächendeckenden Kritik von Hilfsorganisationen und Menschenrechtsexperten wegen der Abschiebung von zwei achtjährigen Mädchen in den Kosovo kam, dass so mancher schwarze Parteifreund bis hin zu Parteiobmann Josef Pröll über das Vorgehen von Fekters Truppe den Kopf schüttelte.


Zugeständnisse – nun Aufschub. Dabei hatte Fekter seit dem Winter monatelang mit ihrem SPÖ-Gegenüber in Sicherheitsfragen, Verteidigungsminister Norbert Darabos, für diese Anwesenheitspflicht gerungen. HattePrügel für dieses „Einsperren“ von Asylwerbern einstecken müssen. Hatte von ursprünglich 28 auf fünf Tage zurückgesteckt, hatte schließlich die SPÖ mit der völlig unverfänglichen Formulierung „Mitwirkungspflicht“ statt „Anwesenheitspflicht“ ins Boot geholt.

Warum die Innenministerin jetzt im letzten Moment zurückschreckt? Die kritische Stellungnahme des Verfassungsdienstes im Kanzleramt sei der Grund, wurde der „Presse am Sonntag“ auf Anfrage in ihrem Ressort erklärt. Dieser hatte sich in der Begutachtung im Kern allerdings nur daran gestoßen, dass sich die im Entwurf vorgesehene Mitwirkungspflicht von 120Stunden verlängert, wenn ein Wochenende dazwischen liegt. Prinzipiell hielt auch der Verfassungsdienst die Aufenthaltspflicht für rechtskonform.

Tatsächlich waren koalitionsintern die Einwände in der Begutachtung schon geklärt. Es gebe „keine inhaltlichen Gründe“ für die Verschiebung, wird im Verteidigungsressort versichert. Fekter selbst schwankte offenbar. Zuerst ließ sie, soviel wurde bestätigt, das strengere Fremdenrecht von der Tagesordnung des kommenden Ministerrats nehmen. Das sei ihr momentan zu heiß, so ihre Argumentation gegenüber dem Koalitionspartner SPÖ. Nach der Aufregung um die Abschiebung der Kinder wollte sie nicht zusätzlich Öl ins Feuer gießen.


Kein Start ab Anfang 2011. Als jedoch ihr Zurückziehen frühzeitig publik wurde, überlegte es sich Fekter nochmals, um am Samstag das Vorhaben vorerst doch abzublasen. Damit ist der Zug für heuer abgefahren: kein Ministerratsbeschluss am 19.Oktober, kein Parlamentsbeschluss Mitte November, kein In-Kraft-Treten Anfang 2011.

Über einen Mangel an Arbeit braucht sich die Innenministerin auch so nicht beklagen. Denn auch mit der Ablöse des Chefs der Wiener Fremdenpolizei, Stefan Stortecky, die sie als unmittelbare Konsequenz der Kritik an der Abschiebung der beiden achtjährigen Mädchen in den Kosovo vollzogen hat, hat sich Fekter nicht wirklich Luft verschafft. In sonst seltener Einmütigkeit musste sie sich von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky wie von der SPÖ in Gestalt des oberösterreichischen Landesgeschäftsführers Christian Horner vorwerfen lassen, sie „putze“ sich nach den Abschiebungen an der Beamtenschaft ab. Horners Wortmeldung kommt insofern Bedeutung zu, weil er nicht nur früher Mitarbeiter von Ex-Innenminister Karl Schlögl (SPÖ), sondern selbst 20Jahre Polizist war und auch heute noch ein Gespür für die Stimmung in der Exekutive hat. Fekter selbst sieht „kein Bauernopfer“.

Die Debatte um ein Bleiberecht für Asylwerber wird Fekter auch nicht so schnell los. Der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau sprach sich im ORF-Radio neben einem Abschiebestopp für Familien mit Kindern für eine „Amnestie“ für unbescholtene Asylwerber nach fünf Jahren aus. Im Innenministerium sieht man das „sehr, sehr kritisch“ und verweist auf Belgien, wo es bereits die dritte Amnestie gebe. Fekter setzt lieber, wie sie schon am Samstag in der „Presse“ angekündigt hat, darauf, Altfälle nochmals zu prüfen. Auch jenen der beiden Mädchen aus dem Kosovo. Zur politischen Debatte kommt nun auch wieder der Druck der Straße: In Steyr wird kommenden Donnerstag mit einem Fackelzug gegen die vollzogene Abschiebung der beiden Achtjährigen protestiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2010)

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