ÖVP warnt vor "Bürokratie-Wahnsinn" in Spitälern

(c) FABRY Clemens
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Vor dem Start der Verhandlungen über eine Spitalsreform am Freitag beklagt der VP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger: Mehr Verwaltung als Ärzte im Krankenhaus und kein Cent aus Tabaksteuer für die Vorbeugungsmedizin.

Wien. Fließt zu viel Geld in die Verwaltung des Gesundheitswesens statt direkt in die Versorgung der Patienten? Der Befund von ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger lautet: ja. Vor dem Start der Verhandlungen über eine Spitalsreform am Freitag macht sich der Nationalratsabgeordnete Sorgen, dass die Verwaltung im Gesundheitswesen, speziell in den Spitälern, weiter aufgebläht wird. „Wir sollten von diesem Bürokratie-Wahnsinn in Deutschland lernen“, warnt er im „Presse“-Gespräch angesichts der um sich greifenden Codierung sämtlicher Leistungen in den Krankenhäusern: „Das ist nutzlose Bürokratie, die da entsteht.“

„Krankenkassen auf der Bremse“

Rasinger verweist darauf, dass Deutschland gerade am besten Weg sei, an dieser Über-Bürokratie zu scheitern: 14 Prozent der Spitalsbeschäftigten seien im Durchschnitt Ärzte. Dem stünde ein Anteil von 25 bis 28 Prozent an Personal gegenüber, das in der Verwaltung oder in der Technik beschäftigt sei. Wobei klar sei, dass man dafür Bedienstete brauche. Allerdings ist für Rasinger mittlerweile der Anteil jener, die sich mit vorgegebenen bürokratischen Aufgaben befassen müssen, zu groß geworden. Im Klartext: Im Vergleich dazu ist die Zahl der Personen, die unmittelbar mit der medizinischen Versorgung der Patienten befasst ist, zu klein.

Der Rechnungshof bemängelte vor Kurzem in einem Bericht, dass das Ziel der Gesundheitspolitik, die Versorgung der Patienten aus den Spitälern und Ambulanzen hin zu den billigeren niedergelassenen Ärzten zu verlagern, nicht erreicht worden sei. Einen Hauptgrund dafür ortet der ÖVP-Gesundheitssprecher darin, dass es nicht mehr Geld der Krankenkassen für die Ausweitung der Leistungen durch die niedergelassenen Ärzte gibt und auch kaum zusätzliche Kassenmediziner eingestellt werden. „Die Krankenkassen stehen ziemlich auf der Bremse“, befindet Rasinger. Daher müssten die Patienten in die Ambulanzen und Spitäler gehen, um sich behandeln zu lassen.

Auf die Vorhaltung, dass er selbst seit knapp zwei Jahrzehnten als Gesundheitspolitiker und die ÖVP als Regierungspartei nun immerhin schon seit einem Vierteljahrhundert an den Entwicklungen im Gesundheitswesen mit schuld sei, räumt Rasinger Fehler ein. Als Beispiel nennt er den immer wieder beschworenen Ausbau der Vorbeugungsmedizin. „Es ist mir nicht geglückt, auch nur fünf Cent der Tabaksteuer für die Prävention zu kriegen“, bedauert der Mandatar, der als praktischer Arzt in Wien tätig ist.

Startschuss mit drei Reformkonzepten

Der nächste Anlauf für eine Reform des Krankenhauswesens startet morgen, Freitag, in der Sitzung der Bundesgesundheitskommission. Dabei wird ein Fahrplan für die Verhandlungen beschlossen. Ein Ergebnis soll spätestens 2013 vorliegen, weil dann der nächste Finanzausgleich verhandelt wird.

Auf dem Tisch liegen drei Konzepte: Je eines von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger und von den Ländern. Letzteres steht jedoch in glattem Widerspruch zu den anderen beiden. Zur Notwendigkeit einer Reform haben sich jedenfalls alle bekannt, denn die Gesundheitsausgaben steigen schier unaufhaltsam (siehe dazu Grafik).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2011)

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