Die ÖVP wird Häupls Lieblingsfeind

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit 4000 Mann startet die SP in den Wahlkampf und schießt sich auf die „Neinsager-Gruppe“ ÖVP ein.

WIEN. Die mächtigste Landespartei der Sozialdemokraten, die Wiener SPÖ, steigt in den Wahlkampf ein. Ab der nächsten Woche werden 4000 Wahlkämpfer ausschwärmen, um auf den Straßen, an Wohnungstüren und in Betrieben für die SPÖ und ihren Spitzenkandidaten Werner Faymann zu werben. „Dazu muss man noch die Vorfeldorganisationen der SPÖ hinzu rechnen, die ihre jeweilige Zielgruppe ebenfalls ansprechen werden“, umriss Landesparteisekretär Harry Kopietz am Dienstag die Schlagkraft der Wiener Partei.

Inhaltlich besinnt sich die Wiener SPÖ auf traditionelle Themen (Bürgermeister Michael Häupl: „Wir müssen uns nicht thematisch umstellen“) und die Inflation.

Was auffiel: Die SP-Angriffe richteten sich direkt gegen die ÖVP – Grüne oder FPÖ wurden dagegen kaum erwähnt; die ÖVP ist im Wahlkampf Häupls Lieblingsfeind: „Gerade die Wiener ÖVP versucht, die SPÖ als Abzocker hinzustellen. Dabei hat Wien die niedrigsten Müllgebühren aller Landeshauptstädte; bei der Wassergebühr liegt Wien ebenso im österreichweiten Durchschnitt wie bei den Strom- und Gaspreisen“, so Häupl: „Und die billigsten Tankstellen, sind in Wien“, so Häupl: „Wenn die ÖVP meint, es ist der richtige Weg, zu sudern und Wien krankzujammern, dann wünsche ich dieser destruktiven Neinsager-Gruppe viel Vergnügen – die Wiener sehen das anders.“ Der nicht amtsführende VP-Stadtrat Norbert Walter reagierte darauf später mit einem Häupl-Zitat: „Wahlkämpfe sind Zeiten fokussierter Unintelligenz.“

Gleichzeitig kündigte Häupl (als Wahlversprechen) an: Bis Jahresende werde es keine Erhöhungen bei Mieten und Gebühren geben. Zu Jahresbeginn werde man sich dann die Inflation ansehen und mit Experten beraten, ob eine Erhöhung notwendig sei. Für Gas und Strom wollte der Bürgermeister keine Garantie abgeben: „Der Gaspreis hat sich verdoppelt.“ Man werde nicht in die VP-Falle gehen, Energie mit Verlust zu produzieren, um sich vorwerfen zu lassen, zu dumm zu sein, ein Unternehmen zu führen.

Im Wahlkampf selbst könnte es auch eine Neuerung geben. Die SPÖ will die Dreieckständer, die fünf Wochen vor und eine Woche nach der Wahl von einer wahlwerbenden Partei aufgestellt werden dürfen, abschaffen. „80 Prozent der Wiener fühlen sich durch die Dreieckständer gestört“, erklärte Kopietz. Am Donnerstag verhandelt der Wiener Wahlkampfleiter mit ÖVP und FPÖ. Falls es keine Einigung geben sollte, möchte Kopietz zumindest die 1100 Dreieckständer, die jeder wahlwerbenden Partei zustehen, deutlich reduzieren.



„Wenn die ÖVP meint, es ist der richtige Weg, zu sudern und Wien krankzujammern, dann wünsche ich dieser destruktiven Neinsager-Gruppe viel Vergnügen.“

Wahlkampfauftakt mit Bürgermeister Michael Häupl

Mit seiner Forderung nach Abschaffung der Dreieckständer, die auch Probleme im Bereich der Verkehrssicherheit bringen, beißt Kopietz bei anderen Parteien auf Granit. Diese sprechen davon, dass sie eine massive Benachteiligung im Wahlkampf hätten. Die „Presse“ hat sich angesehen: Was bringen die Dreieckständer wirklich?

Nutzlose Dreieckständer?

„Wenig“, ist die nüchterne Diagnose des Politologen Peter Filzmeier. „Nur ca. fünf Prozent der Wähler geben an, sich durch Wahlplakate beeinflussen zu lassen.“ Nachsatz: „Im Verhältnis zu ihrer Dominanz ist ihre Wirkung überraschend gering.“

Warum die Parteien trotzdem darauf setzen? „Im ORF gibt es ein Werbeverbot für politische Parteien“, erklärt Filzmaier. Deshalb würden die Parteien eben auf Plakate und Dreieckständer ausweichen: „Denn 90 Prozent geben bei Befragungen an, dass sie Wahlplakate gesehen haben – auch wenn sie sich davon nicht beeinflussen lassen.“

Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer (OGM) hält dazu fest: „Plakate und Dreieckständer sind eine österreichische Gewohnheit geworden, die in anderen Ländern, beispielsweise den USA, überhaupt nicht existieren.“ Die ungeliebten Dreieckständer seien mit den Jahren ein Element geworden, so der Meinungsforscher, „das aus den heutigen Wahlkämpfen nicht mehr wegzudenken ist – aus reiner Gewohnheit.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2008)

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