"Kenianische" Regierungen sind in Finnland die Regel

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In Finnland gibt es aus einer tief verwurzelten Konsenstradition heraus regelmäßig sogenannte "Kenia-Regierungen".

Seit April 2007 regiert in Helsinki unter Ministerpräsident Matti Vanhanen eine aus vier Parteien bestehende Koalition, die der in Österreich von den Grünen am Dienstag ins Spiel gebrachten "Kenia-Koalition" nicht unähnlich ist. Sie besteht aus der ländlich verankerten und wertkonservativen Zentrumspartei Vanhanens, den Konservativen, den Grünen sowie der Vertreterin der schwedischen Sprachminderheit, die gemäßigt liberale Schwedischen Volkspartei (SFP).

Nach der deutlichen Wahlniederlage der Sozialdemokraten im März vergangenen Jahres kam der sich knapp vor den Konservativen als stimmenstärkste Partei behaupteten Zentrumspartei der bisherige Koalitionspartner abhanden. Erklärtes Ziel Vanhanens war es damals in den Regierungsverhandlungen, eine möglichst breite Parlamentsmehrheit auf die Beine zu stellen, um wichtige Projekte wie die künftige Gestaltung der Energiepolitik mit mehr erneuerbaren Energiequellen und möglichen neuen Atomkraftwerken, eine Steuerreform sowie die Festlegung der künftigen Sicherheitspolitik in der Öffentlichkeit so weit wie möglich konsensual abzuhandeln.

Die vier Parteien verfügen über 125 von 200 Abgeordneten im Parlament in Helsinki: 51 Zentrumspartei, 50 Konservative, 15 Grüne und neun Finnland-Schweden. De facto dazuzurechnen ist ein Abgeordneter der schwedischsprachigen Aland-Inseln, der traditionell der Fraktion der SFP angehört und somit die Regierungsmehrheit auf 126 erhöht.

Die häufigste Bezeichnung für das Kabinett Vanhanen II ist nach den Parteifarben: Ocker/Dunkelgrün (Zentrum), Blau (konservative Sammlungspartei), Grün (Grüne) und Hellblau (SFP) "Blaugrüne Regierung" (Sinivihreä hallitus). Die Konservativen bevorzugen dagegen die Bezeichnung "Bürgerliche Regierung" (Porvarihallitus), obwohl mit den Grünen eine deklariert nicht-bürgerliche Partei daran beteiligt ist.

Die Zusammensetzung der finnischen Regierungen ist fast immer von einer tiefverwurzelten politischen Konsenstradition geprägt. Zwischen 1995 und 2002 gab es unter dem Sozialdemokraten Paavo Lipponen zwei so genannte "Regenbogenregierungen". Am Kabinett Lipponen I (1995-1999) und II (1999-2003) war neben den Sozialdemokraten, den Konservativen, den Grünen und der SFP auch noch das Linksbündnis vertreten. Die Grünen schieden jedoch nach dem Parlamentsentscheid im Frühjahr 2002 zum Bau eines neuen Atomkraftwerks aus Protest aus der Regierung aus. 2003 bis 2007 regierte einer als "Roterde" definierte Dreierkoalition aus Zentrumspartei, Sozialdemokraten und der SFP, die aus historischen Gründen fast immer auf der Regierungsbank mitbestimmt.

(APA)

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