DiePresse.com-Chat: Wilhelm Molterer im Porträt

(c) APA Georg Hochmuth
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Lange ist an ÖVP-Kanzlerkandidat Wilhelm Molterer das Image des ewigen Zweiten geklebt. An die Spitze der Volkspartei hat er es trotzdem geschafft – nach über 30 Jahren Arbeit für die Partei. Der Chat-Termin wurde wegen der NR-Sondersitzung am Freitag verschoben. Den neuen Termin erfahren Sie in Bälde.

"Meine Damen und Herren, es reicht! Gute Arbeit ist in dieser Koalition nicht mehr möglich. Ich schlage sofortige Neuwahlen vor." Mit diesen drei Sätzen sprengte Wilhelm Molterer im Juli dieses Jahres nicht nur die Koalition mit der SPÖ, sondern konnte auch zum ersten Mal aus dem Schatten seines langjährigen Chefs Wolfgang Schüssel treten. "Willi" Molterer war immer der zweite Mann - solide, verlässlich, bodenständig; aber auch farblos, kühl und zaudernd. Seine trockene Sprache und sein pastoraler Ton haben ihm in seiner Partei den Spitznamen "Pater Willi" eingebracht. Zumindest das Image des Zauderers ist er mit der Aufkündigung der Koalition losgeworden.

Molterer kommt im Mai 1955 in Steyr in Oberösterreich als Sohn der Bauersleute Johann und Anna Kletzmayer zur Welt. Mit 14 Jahren wird der junge Willi von seinem Onkel Josef Molterer adoptiert, weil dieser einen Erben für seinen Bauernhof sucht. Willi nimmt den Namen Molterer an und sein Onkel wird zu seinem neuem Vorbild. Josef Molterer ist neben seinem Beruf als Landwirt auch ÖVP-Abgeordneter im Nationalrat.

Molterer der linke Rebell

Nach seiner Matura 1974 geht Molterer nach Linz und studiert Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. In der oberösterreichischen Landeshauptstadt gilt Molterer als links-liberaler Student - ein Rebell im Rahmen der Volkspartei. Schnell wird er in Linz zum Vorsitzenden der Hochschülerschaft. Doch von der ÖVP kann ihn seine Studienzeit nicht trennen. Nach seinem Abschluss arbeitet Molterer unter Josef Riegler als wirtschaftspolitischer Referent für den österreichischen Bauernbund - eine Teilorganisation der ÖVP. 1987 folgt er Riegler, der zum Landwirtschaftsminister aufgestiegenen ist, nach Wien. Zwei Jahre später wird Molterer Direktor des Bauernbundes und beerbt seinen scheidenden Onkel als Nationalratsabgeordneten.

1993 klettert er in der Parteihierarchie weiter nach oben und wird Generalsekretär der Volkspartei.
Nach der Nationalratswahl 1994 steigt Molterer zum Landwirtschaftsminister auf. Für ihn ist der Wechsel in den Agrarsektor eine „Heimkehr" - eine Rolle, in der er sich sicher und wohl fühlt. Nach einem Jahr bricht die rot-schwarze Regierung zusammen. Doch für Molterer ändert sich nur wenig. Nach der Wahl bleibt er im Kabinett-Vranitzky im Landwirtschaftsministerium.

Der Aufstieg der FPÖ

Tiefgreifende Änderungen treten erst nach der Nationalratswahl 1999 ein. Die FPÖ erringt das erfolgreichste Wahlergebnis ihrer Geschichte und verdrängt mit rund 33 Prozent der Stimmen die Volkspartei auf den dritten Platz. Monate nach der Wahl bilden die ÖVP und die FPÖ eine Koalition unter der Führung von Wolfgang Schüssel. Molterer bleibt Landwirtschaftsminister und wird Schüssels engster Vertrauter - die Nummer zwei im Schatten des Bundeskanzlers.

Schon nach eineinhalb Jahren zerbricht die Koalition wegen heftigen Streitereien innerhalb der Freiheitlichen Partei. Die ÖVP fährt in der darauf folgenden Wahl einen fulminanten Wahlsieg ein und bildet erneut eine Regierung mit der FPÖ. Molterer besetzt keinen Ministerposten mehr. In der Volkspartei übernimmt er aber den Job als Klubobmann. "Pater Willi" stellt sich ganz in den Dienst der Partei und gilt als logischer Nachfolger von Schüssel.

An erster Stelle

Doch bei der Wahl 2006 rutscht die ÖVP auf den zweiten Platz ab und Schüssel muss Alfred Gusenbauer den Platz als Bundeskanzler frei machen. Molterer wird Vizekanzler und Finanzminister. Bis es ihm und der Volkspartei reicht und er am siebten Juli Neuwahlen ausruft. Der ewige Zweite ist nun endlich die Nummer Eins - Kanzlerkandidat der ÖVP. Doch seine Spitzenposition verdammt ihn auch zum Siegen. Zu viele Parteifreunde neiden ihm seine Positionen und würden lieber andere an der Spitze der Volkspartei sehen. Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll bescheinigte ihm "fehlenden Mut und Weitblick". Molterer ist angetreten, um allen das Gegenteil zu beweisen.

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