Gabriel: "Österreich-Kurs für alle Einwanderer"

(c) Harald Hofmeister
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Linda Gabriel wurde in der Südosttürkei geboren. Als ÖVP-Gemeinderats- und Bezirkskandidatin setzt sie sich für Kurse ein, in denen Zuwanderer nicht nur Deutsch, sondern auch kulturelle Werte lernen sollen.

Persönlichkeiten wie Karl Heinz Grasser seien schuld, dass Menschen das Vertrauen in die Politik verlieren, meint Linda Gabriel, Kandidatin der ÖVP für den Gemeinderat und die Bezirksvertretung in Mariahilf. „Ich möchte als Politikerin mit einem reinen Gewissen einschlafen können.“ Auch wenn ihre politische Karriere noch nicht richtig ins Rollen gekommen ist, weiß Gabriel: „Wenn ich es nicht mehr vertreten kann, höre ich auf.“

Die 1974 in Midyat in der Südossttürkei geborene Studentin der Politikwissenschaft gehört zu der christlichen Minderheit der Chaldäer-Assyrer-Suryoye. Mit fünf Jahren kam sie mit ihrer Familie nach Österreich. Aufgrund ihrer Wurzeln im Nahen Osten engagierte sie sich von 1996 bis 2006 bei der European Syriac Union. Im Rahmen der US-Besatzung im Irak unterstützte sie die Gründung von NGOs, um vor allem Frauen und Jugendliche „auf den Demokratisierungsprozess vorzubereiten“.

Wieder in Österreich, will sich die gläubige Christin nun für Familie und mehr Solidarität einsetzen. Die Gesellschaft sei entsolidarisiert. Keiner kümmere sich um den anderen. Christliche Werte sollten mehr Platz in der Politik finden. Doch glasklar war die Entscheidung für die ÖVP deshalb nicht: „Ich habe mir die Programme wirklich aller Parteien angesehen.“ Zu links die einen, zu rechts die anderen, befand Gabriel und entschied sich schließlich für die Volkspartei. Doch „ich sage nicht, dass es keine Kritik, keine Verbesserungsvorschläge gäbe“.

Kein Kulturkampf

Im Bereich Zuwanderung ist sie auf Parteilinie. Gabriel plädiert für geregelte und qualifizierte Zuwanderung. Es solle nicht zu einem Kulturkampf kommen. Entscheidend sei die Frage, was der Arbeitsmarkt brauche. „Das holen wir.“ Den Migranten, die hier leben, sollte dann aber auch etwas geboten werden. Im Moment sei dies nicht der Fall. „Wir holen alle her, aber geben keinem etwas.“ Rassismus und Diskriminierung am Arbeitsmarkt dürfe es dann allerdings nicht geben. „Qualifizierte wandern sonst wieder aus“, meint Gabriel.

Überhaupt betont die 36-Jährige die Wichtigkeit, Chancengleichheit zu gewährleisten. Wie das konkret aussehen soll? Jeder Einwanderer solle eine Art Österreich-Kurs besuchen, in dem er neben der deutschen Sprache auch alles Notwendige über die österreichische Gesellschaft und kulturelle Werte lernen kann. Der Kurs solle zwischen drei und sechs Monaten dauern. Das würde zu einer gelungenen Integration beitragen, so die VP-Kandidatin.

Fragen wie diese mit Vertretern anderer Fraktionen zu debattieren, könnte mit dem 10.Oktober zum täglichen Geschäft werden. Doch ihre Chancen, in den Gemeinderat einzuziehen, betrachtet sie nüchtern. Die seien „sehr gering“. Realistischer ist, dass sie zukünftig auf Bezirksebene politisch mitmischen kann. Das würde ihr fürs Erste auch reichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2010)

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