DIE WELT BIS GESTERN

Die Kälte des Staatsgründers

Taugt nicht als Opafigur für heute: David Ben-Gurion, Staatsgründer Israels.
Taugt nicht als Opafigur für heute: David Ben-Gurion, Staatsgründer Israels.(c) NY Daily News via Getty Images (New York Daily News Archive)
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Israel. Der Historiker Tom Segev liefert uns eine monumentale Biografie von Israels Gründungsvater, David Ben-Gurion, einer Jahrhundertfigur mit Licht und Schatten.

An einem Februartag des Jahres 1943 machte David Ben-Gurion einige der schwersten Stunden seines Lebens durch. Drei Stunden lang saß er in seinem Büro einer jungen Frau gegenüber, Helena Goldblum, sechzehn Jahre alt. Sie war kurz zuvor von Polen nach Palästina gekommen, und sie erzählte, von Ben-Gurions „Jewish Agency“ befragt, was sie gesehen und erlebt hatte: Misshandlungen, Ghettos, Deportationen, Todeslager. Sie gehörte zu den ersten Holocaust-Überlebenden, die hierherkamen (durch einen Austausch gegen einige in Palästina ansässige Deutsche). Ben-Gurion schrieb in einem Brief über Helenas Erzählung: „Grauen und Elend, die kein Dante und kein Poe sich hätten vorstellen können. Und man ist völlig hilflos. Kann nicht einmal toben vor Wut, und die Sonne scheint in aller Pracht. Es ist nicht leicht, aber wir müssen weitermachen mit dem, was wir hier vor 60 Jahren begonnen haben.“

Diese wichtige Episode steht fast genau in der Mitte der 770-seitigen Biografie des israelischen Historikers Tom Segev. Es ist eine zentrale Stelle, vor allem in Hinsicht auf die Politik, die Ben-Gurion in diesen Jahren betrieb. Es ist einerseits die präzise Schilderung der Machtlosigkeit, die die Juden in Palästina gegenüber dem Holocaust empfanden, das bewog sie, ohne viele Rettungsinitiativen das Kriegsende abzuwarten. Andererseits wurde der Holocaust in der internen Debatte für den Zionismus instrumentalisiert. Nicht zuletzt von David Ben-Gurion.

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