Wien um 1900: Der Kult des Erlesenen

Weihnachtspostkarte der Wiener Werkstätte, entworfen von Josef Divéki, 1908.
Weihnachtspostkarte der Wiener Werkstätte, entworfen von Josef Divéki, 1908. (c) Austrian Archives / Imagno / pic (Austrian Archives)
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Der Verleger Christian Brandstätter, ein Sammler und Kenner der Kunst der Jahrhundertwende, hat sein Lebenswerk vorgelegt. Man betritt eine faszinierende Welt.

Es muss damals in Wien ganz interessant gewesen sein“, so der bekannte Satz Hermann Bahrs über das Wien um 1900. Ein Understatement zweifellos für den Kristallisationspunkt der Moderne, das „Silicon Valley des Geistes“ (Allan Janik), die Zeit, da der Kaiserglanz verblasste und die Kunst erblühte. Das multikulturelle Wien, der Schmelztiegel der k. u. k. Monarchie, lieferte den Humus für neue Ideen in Kunst und Wissenschaft. Unter dem Titel „Schönheit und Abgrund“ ließ sich das auch noch 2018 fremdenverkehrsfördernd vermarkten.

Eines der ambitionierten und aufwendigen Projekte, das die Wiener Moderne um 1900 verfolgte, war die Idee des Gesamtkunstwerks. Es ging um gemeinsame Gestaltungsprinzipien und gelungenes Zusammenspiel aller Kunstrichtungen, Unterordnung der Details unter die Wirkung des Ganzen, höchste Qualitätsansprüche in Technik und Material. Architektur und Mobiliar wurden aufeinander abgestimmt, die Krawatte des Villenbesitzers harmonierte mit den Blumen auf dem Tisch und diese wiederum standen im Einklang mit der Toilette der Dame des Hauses. Höchster Ästhetizismus also, nie endende Verfeinerung des Geschmacks, die Türklingel sollte, wenn möglich, das Glockenmotiv aus Wagners „Parsifal“ wiedergeben.

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