Lostag fürs Glücksspiel in Österreich

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Morgen gibt der Generalanwalt seine Stellungnahme zur Frage der Vereinbarkeit des österreichischen Glücksspielrechts mit dem EU-Recht ab. Die Zulässigkeit der Beschränkungen von Glücksspielangeboten beschäftigte mehrfach den EuGH.

WIEN. Der morgige Dienstag ist ein Lostag für das Glücksspielrecht in Österreich. Für diesen Tag sind die Schlussanträge des Generalanwalts in einem Verfahren angekündigt, in dem sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg auf Frage des Landesgerichts Linz mit der Vereinbarkeit der Rechtslage in Österreich mit dem Gemeinschaftsrecht befasst. Manche Stellungnahmen sehen das Ende des Glücksspielmonopols gekommen. Zu Recht?

Die Frage der Zulässigkeit der Beschränkungen von Glücksspielangeboten beschäftigte schon mehrfach den EuGH. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb herrscht darüber in der juristischen Diskussion keineswegs Einigkeit. Die unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtslage in den EU-Staaten bewegen Gerichte, die über glücksspielrechtliche Sachverhalte zu entscheiden haben (meist Strafverfahren), immer wieder, den EuGH anzurufen.

Wenn auch dessen Entscheidungen zu den spezifischen nationalen Vorschriften ergehen, sind doch einige verallgemeinerbare Aussagen erkennbar. Dazu zählt, dass die Beschränkung des Glücksspielangebots grundsätzlich zulässig ist, auch das Bestehen eines Konzessionssystems für Glücksspiele (wie in Österreich) ist mit dem EG-Recht vereinbar. Freilich muss die Beschränkung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, etwa die Bekämpfung der Kriminalität oder die Verhinderung der Spielsucht, gerechtfertigt sein.

Ist diese Rechtsprechung auf Österreich übertragbar? Da das jüngste Urteil des EuGH (8. September 2009, C-42/07) zu Glücksspielbeschränkungen auf Grundlage eines portugiesischen Sachverhalts erging, hat Wolfgang Zankl im „Rechtspanorama“ vom 8. Februar die Sachertorte gegen das österreichische Glücksspielmonopol ins Treffen geführt. Die Beteiligung privater Unternehmen an der Casinos Austria AG spreche gegen eine Übertragbarkeit der Entscheidung.

Tortenschlacht um Monopol

Diese Argumentation übersieht nicht nur, dass private Unternehmen nicht am „Glücksspielmonopol“ beteiligt sind, sondern an einem Konzessionär des Bundes, dem die Berechtigung zur Veranstaltung von Glücksspielen zeitlich befristet übertragen wurde (im Übrigen ist die Eduard Sacher GmbH längst nicht mehr Aktionär der Casinos Austria AG, die Sachertorte ist also denkbar ungeeignet für die Tortenschlacht gegen das Monopol). Vielmehr hat auch der VwGH gerade unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil in der Rechtssache Santa Casa ausgesprochen, dass gegen „die Zulässigkeit der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch das Glücksspielmonopol keine Bedenken“ bestehen (VwGH am 4. November 2009, Zl 2009/17/0147).

Der VwGH entschied explizit in Kenntnis des oben genannten EuGH-Verfahrens zu Vorlagefragen des Landesgerichts Linz zur Vereinbarkeit der österreichischen Glücksspielrechtslage mit dem Gemeinschaftsrecht. Ob der VwGH damit auf einer Linie mit dem Generalanwalt liegt, werden dessen Schlussanträge zeigen (sie sind unverbindlich, aber der EuGH folgt ihnen oft). Letztlich ist zu erwarten, dass der EuGH bei seiner schon über Jahre gefestigten Rechtsprechung bleiben wird, wonach nationale Beschränkungen des Glücksspielangebots mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, solange sie im Allgemeininteresse gelegene Ziele kohärent und systematisch verfolgen. Das hat im Regelfall das Vorlagegericht zu entscheiden.

Aber auch die inhaltlich gegen die Rechtsprechung des EuGH ins Treffen geführten Überlegungen überzeugen nicht. Wettbewerb ist nicht auf allen Märkten geeignet, die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen zu gewährleisten. Kontrolle durch Mitbewerber wirkt auch nur dann, wenn diese den Rechtsweg beschreiten. Fehlt es an Klägern, kommt es zu keiner Kontrolle durch die Gerichte. Der Vergleich mit dem Telekommunikationssektor passt schon deswegen nicht, weil krankhaftes Telefonieren zwar lästig sein mag, anders als die Spielsucht aber weder eine von der WHO anerkannte Krankheit ist, noch im Hinblick auf die Beschaffungskriminalität oder Geldwäsche annähernd so gefährlich sein kann.

Chance auf Sofortgewinn lockt

Der Verweis auf die Zulassungsfreiheit für Onlineaktivitäten in der E-Commerce-Richtlinie oder des Onlineaktienhandels mit Onlineglücksspiel hinkt ebenfalls: Wegen der viel geringeren Einsatzmöglichkeiten und des unmittelbaren Bekanntwerdens des Ergebnisses übt das Onlineglücksspiel ungleich höheren Reiz auf Spieler aus. Während der Onlineaktienhandel nur sehr wenigen möglich ist, bietet das anonyme Onlinegaming Spielmöglichkeiten für jeden. Darüber hinaus ist auch noch kein Fall von pathologischem Aktienhandel bekannt geworden. Schon die jüngsten Schlagzeilen (vor wenigen Tagen wurde ein zwölfjähriger Räuber gefasst, der die Beute zum Betrieb von Onlinespielen und Spielautomaten benötigte) zeigen die Unvergleichbarkeit von Glücksspielen und Finanzdienstleistungen deutlich.

Richtig ist, dass eine gewisse Rechtsunsicherheit besteht. Durch die klare Rechtsprechung von nationalen Gerichten und Behörden zu den bestehenden mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbaren Beschränkungen der Glücksspielangebote könnten diese Rechtsunsicherheiten aber beseitigt werden.

Mag. Georg Streit ist Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, www.h-i-p.at.

AUF EINEN BLICK

In der Rechtssache Engelmann (C-64/08) hat das Landesgericht Linz dem Europäischen Gerichtshof drei Fragen rund um das Konzessionssystem für die Veranstaltung von Glücksspielen in Österreich gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2010)

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