Öffentliche Aufträge: Neue EU-Schwellenwerte

Bei öffentlichen Bauaufträgen gilt seit Jahresbeginn ein höherer Schwellenwert für die EU-weite Ausschreibung.
Bei öffentlichen Bauaufträgen gilt seit Jahresbeginn ein höherer Schwellenwert für die EU-weite Ausschreibung.(c) Clemens Fabry
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Die EU erhöht Schwellen für unionsweite Ausschreibungen – und klagt Österreich.

Wien. Seit Jahresbeginn gelten im Vergaberecht neue, höhere EU-Schwellenwerte. Von diesen Betragsgrenzen hängt es ab, ob öffentliche Aufträge nur im Inland oder aber EU-weit ausgeschrieben werden müssen oder nicht.

Für die Vergabe von Bauaufträgen beispielsweise wurde die Grenze von 5,225 Mio. Euro auf 5,548 Mio. Euro (exklusive USt.) angehoben. Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen gilt für öffentliche Auftraggeber ein Schwellenwert von 221.000 Euro (bisher: 209.000 Euro). Für Sektorenauftraggeber (z. B. Energieversorgung, Wasser, Verkehr) wurde der Wert von 418.000 auf 443.000 Euro erhöht.

Die Schwellenwerte werden alle zwei Jahre durch eine EU-Verordnung angepasst, diese gilt in jedem Mitgliedsstaat unmittelbar. Ob die Schwelle überschritten wird, ist ausschlaggebend dafür, wie der Auftrag bekanntzumachen ist – nur national oder auch EU-weit. Ansonsten seien die Verfahrensunterschiede „nicht gewaltig“, sagt der auf Vergaberecht spezialisierte Rechtsanwalt Stephan Heid. Im Oberschwellenbereich gelten jedoch längere Fristen, „im Unterschwellenbereich geht es schneller“.

Im Alltag vieler öffentlicher Auftraggeber – und regionaler Unternehmen – ist allerdings eine andere Regelung praxisrelevanter: die nur national anwendbare österreichische Schwellenwerteverordnung. Unter anderem erlaubt sie eine Direktvergabe von Aufträgen im Bau-, Liefer- und Dienstleistungsbereich bis zu einem Wert von 100.000 Euro (exklusive USt). Die Verordnung wurde schon mehrmals verlängert; in der aktuellen Fassung aus dem Jahr 2016 gilt sie bis Ende 2018. Kommt dann die nächste Verlängerung? „Die Frage ist, ob man sich das traut“, sagt Heid. Denn diese Regelung stehe, zumal sie auch Sachverhalte von grenzüberschreitendem Interesse betrifft, „möglicherweise in einem Spannungsverhältnis zu EU-Primärrecht“.

Hohe Strafen drohen

Und nicht ausgeschlossen, dass die EU-Kommission gerade jetzt genauer hinschaut: Denn Österreich hat in Sachen Vergaberecht inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren am Hals. Kurz vor dem Jahreswechsel verklagte die Kommission mehrere Länder wegen der immer noch ausstehenden Umsetzung von EU-Vergaberichtlinien, die seit 18. April 2016 unionsweit in Kraft sein sollten. Neben Österreich sind auch Spanien, Slowenien und Luxemburg im Verzug. Über den Gesetzesentwurf, der die (nur den Oberschwellenbereich betreffenden) EU-Regeln umsetzen sollte, konnte sich die vorige Regierung nicht einigen, Stolperstein waren Regelungen über die ÖBB (die SPÖ wollte sie ausklammern, die ÖVP wollte sie miteinbeziehen). Auf Türkis-Blau lastet nun viel Druck, rasch eine Regierungsvorlage zustandezubringen. Im Vertragsverletzungsverfahren drohen Österreich hohe Strafen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2018)

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