Um die Geschichten hinter manchen Parfums zu entdecken, braucht man mehr Zeit als nur drei Sekunden.
In den paar Sekunden, die angeblich für die Ausbildung des alles entscheidenden ersten Eindrucks (nicht nur) in der Parfümerie ausreichen, ist nicht viel Bewusstseinsleistung möglich. Von ausgiebiger Kopf- oder Herznotenentfaltung kann nicht die Rede sein, und für die Auseinandersetzung mit den Geschichten, die sich um ein Parfum ranken, bleibt erst recht keine Zeit. Dabei gibt es so schöne Anekdoten: So soll „Eight & Bob“ von einem Aristokraten als Spende „französischen Charmes“ für den jungen John F. Kennedy während eines Côte-d‘Azur-Urlaubs kreiert worden sein. Dem blutjungen John gefiel der Duft so gut, dass er aus Übersee Nachschub für acht Freunde und eben Bob, seinen Bruder Robert, orderte. Der unlängst neu aufgelegte Duft riecht freilich eher amerikanisch als französisch; überhaupt lässt sich der frische, synthetisch anmutende Eröffnungsakkord gut als Duftwolke auf Collegepartys unserer Tage imaginieren: Besonders unkonventionell ist er nicht. Ein nostalgisch stimmender, wunderbarer Klassiker (apropos „französischer Charme“) ist indes das schöne „Après l‘Ondée“ von Guerlain. 1906 kreiert, ist diese Iris(wurzel)-Veilchen-Guerlinade-Komposition ein Inbegriff der gediegenen Eleganz (für Damen gedacht, auch für wagemutige Herren geeignet), selbst wenn sich an der etwas erdigen Iris die Geister scheiden mögen. „Après l‘Ondée“ ist nicht wirklich das Geeignetste für ungestüme Spätadoleszente, insofern brauchte es für das Gepäck des jungen, gänzlich nostalgiebefreiten John F. wohl tatsächlich etwas anderes.
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Tipp
„Après l’Ondée“ von Guerlain (110 Euro) und „Eight & Bob“ (130 Euro).