Die Testerinnen: Modevokabeln als Vorgeschmack

Regional-urban-ehrliche Labstelle, am liebsten aber mit/ohne Blabla.

Ein Lokal aufsperren – das ist doch ein nettes Ausstiegsszenario für einen Banker. Wie für Thomas Hahn und die Labstelle. Weil sich Exbanker mit Businessplänen gut auskennen, gehen sie beim Geschäftsmodell allerdings auf Nummer sicher. Bei einem Restaurant kommt so der kleinste gemeinsame Nenner heraus: die Verbindung von Tradition und Moderne. Oder in den Worten der Labstelle: eine Küche, die ehrlich ist, aber nicht fad. Regional verwurzelt, aber mit urbanem Flair. Mit/ohne Schnickschnack. Warum machen alle das Gleiche?
Unterschiede sieht man nur am Budget. Bei der Labstelle gab es eher viel Risikokapital. I-a-Innenstadtlage, I-a-Design samt Büffelleder und Tom-Dixon-Klassikern und natürlich wurde ein I-a-Werber engagiert, der die Message trommelt: mit Fotoshooting, Kampagne und sogar eigenen Videos. Eines trägt den Titel „La Blab Labstelle“, gesprochen als Blablablabla.

Eh okay, solange das Versprechen von den „Gästebezauberern“ (© Labstelle) auch an den Tisch geliefert wird. Dafür wurde Kristijan Bacvanin als Küchenchef geholt. Doch so einfach, wie es klingt, lässt sich die gute, alte Hausmannskost halt nicht kreativ aufpimpen. Die Brennnesselsuppe in der Megakanne ist überwürzt, der gebeizte, gehackte Saibling wiederum geschmacklich blass. Feiner macht er sich als Hauptgang mit Nussbutter, Pastinake und Pilzen. Die Waldviertler Saumaise mit Blunzenpüree und Grammeljus ist so schwer, wie sie klingt, und schmeckt sicher besser dort, wo sie herkommt.

Versöhnlich stimmt der fluffige Rahmschmarren. Das Zwischendurchlaben klappt dafür gut (wenn ab Herbst länger offen ist, noch besser). Man kann sich schnell an der Bar einen Brotsalat einwerfen, eine Portion Schinken aufschneiden lassen, dazu (nicht sauer genug) eingelegtes Gemüse knabbern. Den Durst stillt ein aufgespritzter Rhabarbersaft oder ein Glas aus einer ebenfalls nummer-sicher-faden Weinliste. Und weil diese frisch-natürlich-unverfälscht-regional-saisonal (© Gruber) und doch moderne Küchenlinie den Peak noch nicht überschritten hat, beackert 300 Kilometer weiter südlich Thomas Gruber das gleiche Feld (im ehemaligen Schiffwirt, Klagenfurter Straße 172, 9210 Pörtschach). Die Modevokabeln stehen auch hier auf der Karte: Liebe, Seele, Freude, Glück, atmen. Samt neuer Idee: Gruber kauft Hobbygärtnern unter den Gästen selbst geerntetes Gemüse und Krautlach ab. Als Städter bringt man halt nur Hunger mit. Bestellt wird prima Ochsenmarkbrot, ein riesiges Almochsen-Ribeye mit kantigen Pommes im Papierstanitzel, Hadn-Pappardelle mit Zucchini, bei denen der Buchweizen ruhig kräftiger schmecken könnte. Bonus: die Preise ohne Seeblick.

TIPP

Labstelle, Lugeck 6, 1010 Wien, Tel.: 01/236 21 22. Küche: Mo–Fr, 18–23.30 h, Sa: 10–2 h.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2013)

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