Amanshausers Album: Ökologischer Fußabdruck

Mehr. Weltweit Steigerung im Flugverkehr, auch nächtens.
Mehr. Weltweit Steigerung im Flugverkehr, auch nächtens.(c) APA/dpa/Christophe Gateau
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62 - So mancher hat seine Probleme mit dem ökologischen Fußabdruck. Naja, ich vor allem.

Was mach ich nur mit meinem ökologischen Fußabdruck? Ich glaube, dieses Grübeln hat begonnen, als mich ein Veranstalter von Wien nach Triest transportierte. Anreise per Zug sei unmöglich, hieß es. Der Branchenlogik folgend flog ich Wien–Rom–Triest und Triest–Rom–Wien. Da es sich um Alitalia handelte, kam mein Koffer beide Male nicht gleichzeitig mit mir an, das nur nebenbei. Welch absurde Route! Musste gerade ich dem eh schon wackligen Planeten aus der Luft noch ein paar Tritte versetzen? Und wie soll ich diese größere Schuld psychisch handhaben? Denn ich fliege ja nicht nur. Viel schlimmer! Ich versuche mit Worten, andere Menschen zum Fliegen zu animieren.

Bis ich dieses Problem in den Griff  kriege, suche ich fieberhaft nach Entschuldigungen für meine Verteidigungsrede dereinst beim Jüngsten Gericht. „Es gab wieder nur Flugreisen, und hat damals nicht die ÖBB gestreikt“? („Geh bitte Martin, die ÖBB streikt nie!“) „Ich hab halt Tomatensaft so gern“? („Tomatensaft gibt es auch im Billa!“) „Ich... ich war ein Klimaskeptiker“? („Echte Klimaskeptiker glauben selbst nicht an ihre Skepsis, Martin!“)

Investiert wird beileibe nicht in die Bahn oder in Wanderreisen. Denn weltweit explodiert das Tourismusaufkommen. Der Hersteller Airbus gibt als Grund dafür die Wirtschaftsentwicklung in diversen Schwellenländern mit ihrem deutlich gestiegenen privaten Konsum an. Bis 2037 werden laut seiner Prognose 37.390 neue Flugzeuge benötigt, vor allem Mittelstreckenmodelle. Die weltweite Flotte werde dann knapp 48.000 Maschinen betragen, 540.000 neue Piloten müssten ausgebildet werden. Ein Flugzeughersteller prognostiziert solche Zahlen ja mit Triumph, sie bedeuten Wachstum, Wachstum, Wachstum. Aber ich frage mich, wie es uns allen gehen wird, wenn es diesem Wirtschaftszweig so gut geht.

„Das war nicht ich“, werde ich mich beim Jüngsten Gericht etwas hysterisch verteidigen, „schuld sind die Schwellenländer, bzw. das Wachstum der dortigen Mittelschicht!“ (Ach Martin, sieh mal, bei uns kannst du nicht bleiben. Bitte sei vernünftig. Geh zu Gate F24, dein Boarding beginnt in 15 Minuten!“)

Tipp

Martin Amanshauser, „Die Amerikafalle, oder: Wie ich lernte, die Weltmacht zu lieben“, Kremayr & Scheriau 2018. www.amanshauser.at

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